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so ist uns eine kritische Leistung von Zola ein durch
ein Temperament gesehenes Kunstwerk.
Ein Kritiker soll sich freilich an das Kunst-
werk schmiegen, mit dem er sich befasst, wie das
Wasser an sein Ufer. Ein derartiger Kritiker war
Sainte-Beuve; ein derartiger Kritiker ist Zola nicht.
Er durfte nicht von sich denken: „je dis ce qui
est" es lag ihm vielmehr ob, zu befürchten,
dass, wie er den herrlichen Ausspruch gethan hat:
„l'art ne vit que de fanatisme", auch seine Kritik
von den unkontrolierbaren Stürmen der Leidenschaft
geschüttelt würde.
XII.
So sehr Zola bei einem fremden Künstler
durch sein Temperament davon abgelenkt wurde,
ihn nur zu spiegeln, ebenso sehr befruchtete seine
Leidenschaft ihn, sobald er einem ihm verwandten
Künstler gegenübertrat. Ein solcher Fall trat bei
Courbet ein. Zola schreibt nicht wie Courbet
malte, er ist ein mächtigerer Geist und sieht viel
besser; jedoch ist in der Art, wie Courbet malte,
etwas mit Zolas Wesen Verwandtes. Bei der
Schilderung dieses Malers erreichte Zola mehr als
ein Kritiker. Ein Kritiker schreibt, weil sein Ziel
ist, Klarheit zu verbreiten. Von einer nebensäch-
lichen Entgleisung abgesehen, war Zola in seiner
Manetbesprechung ein derartiger Kritiker gewesen;
der klarste, der gewissenhafteste, der überzeugendste,