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hässliches Ideal. In Rubens' „Kirmess", führte
er nach Taine aus (ein Bild von Rubens im Louvre),
sei die Raserei der Orgie das Ideal, in Ralfaels
„Galatea" sei das Ideal die stolze, reine, liebliche
Schönheit. Michelangelo habe die Muskeln verstärkt,
die Lenden verdreht, manche Glieder auf Kosten
der übrigen vergrössert. Hierdurch habe er von
der Wirklichkeit sich befreit und Riesen seinem
Herzen gemäss geschaffen, die an Schmerz und
Kraft schrecklich wären. Die Erklärung Taines
befriedige demgemäss nach zwei Seiten: sie mache
den Künstler unabhängig von der Natur und zwänge
ihm andererseits die alten „Gesetze des Schönen"
nicht auf; sie weise den Künstler an, die Natur
nicht zu kopieren, sondern zu interpretieren und
sich lediglich durch die Art bestimmen und lenken
zu lassen, wie seine Augen beschaffen sind. „Ich
spreche meinen ganzen Gedanken aus", fuhr Zola
fort, „indem ich sage, dass ein Kunstwerk ein
Winkel der Schöpfung ist, gesehen durch ein
Temperamentfß
VII.
Es schadet nicht, dass wir durch diese Er-
klärung zu dem Gedanken bewegt werden, dass
manche Kunstwerke in das Kunstgewerbe gethan
werden müssen. Wir übergeben sie dem Kunst-
gewerbe in der Einsicht, dass es manches Richtige
hat, dieses zu thun, und mit der Überzeugung, dass