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Zurückgreifen auf die köstliche Blüte unserer alten
Messbücher und Kirchenfenster gefunden worden
wäre. Vom Gesichtspunkt der Dekoration vor allem
bin ich von dem Wiederaufwachen der Kunst in den
Stoffen, den Möbeln, den Edelsteinen entzückt. Nicht
etwa, dass bereits ein neuer Stil erschaffen worden
wäre. Aber weil man daran ist, den auserlesenen
Stil von einst bei den Gegenständen des täglichen
Lebens wiederanzuwenden.
Nur
Gnade!
keine
Seelenmalerei.
Nichts
ist
unangenehmer als die Malerei von Ideen. Mag ein
Künstler einen Gedanken in einen Schädel setzen.
Dann aber soll der Schädel fest und solide gemalt
und von einer solchen Konstruktion sein, dass er
den Jahrhunderten trotzen kann. Das Leben allein
redet vom Leben, es leiten sich Schönheit und Wahr-
heit nur aus der lebenden Natur her. In einer
Kunst besonders, die gegenständlich wie die Malerei
ist, wette ich, dass man einer Figur ihre Unsterblich-
keit nicht erhält, wenn sie nicht menschlich ge-
zeichnet und gemalt ist; sie mag so vereinfacht
wie man will sein, doch die Logik ihrer Ana-
tomie und die gesunde Proportion ihrer Glieder
muss sie behalten. Welchem entsetzlichen Aufzug
wohnen wir seit einiger Zeit bei; geschlechts-
lose Jungfrauen, die nicht Busen noch Hüften haben,
Mädchen, die fast Knaben sind, Knaben, die fast
Mädchen sind, Larven von Geschöpfen, die aus den
Grabtüchern steigen, durch bleiche Räume fliegen, in