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Es ist somit gar keine Grundlage für die Analyse
vorhanden; es giebt nicht mehr eine einzige und
vollständige Wahrheit; es giebt nur noch mehr oder
minder vernünftige Abschweifungen. jeder stellt
sich vor dasselbe Werk mit anders gearteter Nei-
gung, jeder fällt ein Urteil, wie es ihm die Ge-
legenheit oder die Richtung seines Geistes eingiebt.
Da lässt sich denn die Menge gehen, da sie
sieht, wie wenig man sich in der Welt derer ver-
ständigt, die die Mission zu haben glauben, die
Menge zu führen. Die Menge überlässt sich ein-
fach ihrer Neigung zu bewundern oder zu lachen.
Sie hat weder Methode noch Auge fürs Allgemeine.
Ein Werk gefällt ihr oder missfällt ihr, das ist
ihr Massstab. Und wollet, bitte, beachten, dass
das, was ihr gefällt, immer das Banalste, immer
das ist, was sie in jedem Jahre sieht. Unsere
Künstler verwöhnen sie nicht; sie haben sie an
solche Fadheiten, an so hübsche Lügen gewöhnt,
dass sie mit aller Macht sich gegen die starken
Wahrheiten auflehnt. Das ist einfach Erziehungs-
sache. Wenn ein Delacroix erscheint, zischt man
ihn aus. Warum ist er nicht den anderen ähnlich?
Der französische Geist, den ich so gerne heute für
etwas Schwerfälligeres in Tausch gäbe, mischt sich
drein, und man macht sich in einer Weise lustig,
dass die Traurigsten dadurch erheitert werden.
Und so ist es gekommen, dass ein Trupp von
Strassenbuben eines Tages Edouard Manet auf der