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selber vorgegangen, die in hellen Massen, in breiten
Lichtflächen vorgeht, und sein Werk hat den etwas
rauhen und strengen Anblick der Natur bekommen.
Es sind im übrigen einige vorgefasste Meinungen
Manets in dem Bilde zum Ausdruck gelangt; doch
das thut nichts, denn die Kunst lebt nur vom
Fanatismus. Die vorgefassten Entschlüsse brachten
gerade die elegante Trockenheit, die Heftigkeit der
Übergänge, auf die ich hingewiesen habe, hervor.
Sie haben den persönlichen Accent, den besonderen
Geschmack des Bildes erzeugt. Es giebt nichts"
erlesener Feines als die bleichen Töne der ver-
schiedenen Stücke von weisser Wäsche, auf denen
Olympia ruht. In der Nebeneinandersetzung dieser
verschiedenen weissen Töne wurde eine ungeheure
Schwierigkeit besiegt! Ebenfalls der Körper des
Mädchens weist reizende Fahlheiten auf; es ist ein
junges Mädchen von sechzehn Jahren, ohne Zweifel
ein Modell, das Edouard Manet ruhig kopiert hat,
wie sie war. Und alle Welt schrie auf. Man fand
diesen nackten Körper unanständig; das musste ein-
treten, denn da hat Manet wirkliches Fleisch von
junger und schon verblühter Nacktheit auf die Lein-
wand geworfen, und wenn unsere Künstler uns
sonst Venusbilder geben, so korrigieren sie die
Natur und lügen. Edouard Manet hat sich gefragt:
weshalb lügen, weshalb nicht die Wahrheit sagen?
und er hat uns Olympia kennen gelehrt, die auf
der Strasse getroEen werden kann, wenn sie ihre