137
In ihm habe ich die Persönlichkeit Edouard Manets
gelesen, und als ich das Temperament des Künst-
lers zergliederte, hatte ich vor meinen Augen allein
dieses Bild, das alle anderen einschliesst. Wir
haben hier, wie die ölfentlichen Witzbolde schreiben,
einen Bilderbogen von Epinal. Olympia, auf weissem
Laken ruhend, bildet einen grossen fahlen Fleck auf
dem schwarzen Hintergrunde; in diesem schwarzen
Hintergrunde befinden sich der Kopf der Negerin,
die ein Bouquet bringt, und die berühmte Katze,
die so sehr die Heiterkeit des Publikums geweckt
hat. Beim ersten Blick unterscheidet man so nur
zwei Tinten in dem Bilde, zwei heftige Tinten, die
eine sich von der andern abhebend. Im übrigen
sind die Details verschwunden. Seht den Kopf des
jungen Mädchens an: die Lippen sind zwei schmale
rosa Linien, die Augen sind auf einige schwarze
Striche zurückgeführt. Seht jetzt das Bouquet an
und in der Nähe, wenn ich bitten darf; rosa Schichten,
blaue Schichten, grüne Schichten. Alles vereinfacht
Sich; und wenn ihr die Wirklichkeit wieder her-
stellen wollt, so müsst ihr um einige Schritte zurück-
treten. Dann passiert eine seltsame Geschichte:
jeder Gegenstand setzt sich an seinen Plan, der
Kopf der Olympia hebt sich vom Hintergrunde mit
einem ergreifenden Relief ab, das Bouquet wird ein
Wunder von Glanz und Frische. Das richtige Sehen
und die einfache Handschrift haben dieses Wunder
zuwege
gebracht;
der
Maler
ist
wie
die
Natur