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heit. Wenn wir vom Gesicht zum Wesen kommen, so
finden wir in Manet einen Menschen von einer
ausgesuchten Liebenswürdigkeit, sehr höflich, von
vornehmen Alluren und sympathischem Eindruck.
Ich bin wohl gezwungen, auf diese unendlich
geringfügigen Details einzugehen! Die Chroniqueure
des Tages, die ihr Brot verdienen, indem sie das
Publikum zum Lachen bringen, haben Edouard
Manet als eine Art Boheme dargestellt, als einen
Bummler, als ein lächerliches Schreckgespenst; und
das Publikum hat die Scherze und Karikaturen für
heilige Wahrheit angesehen. Die Wahrheit verträgt
sich aber schlecht mit den erfundenen Hampel-
männern, die die Phantasie der bezahlten Spass-
vögel geschaffen hat, und es ist gut, den Menschen
zu zeigen, wie er ist.
Der Künstler hat mir eingestanden, dass er
leidenschaftlich gern in die Gesellschaft geht und eine
geheime Wollust bei der parfümierten und leuchtenden
Zartheit der Soireen empfindet. In die Gesellschaft
treibt ihn ohne Zweifel seine Liebe für breite und
lebhafte Farbströme, aber es ist in seinem Inneren
auch ein angeborenes Bedürfnis nach Vornehmheit
und Eleganz, und dieses mache ich mich anheischig,
ebenfalls in seinen Werken zu finden.
So ist also sein Leben. Er arbeitet hartnäckig
und die Zahl seiner Bilder ist schon beträchtlich.
Er malt, ohne entmutigt zu werden, ohne müde zu
werden, und schreitet geradeaus, seiner Natur ge-