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mit ihr, an Orten, wo sie fehlten, nachzubilden wagte.
Die pyramidenbauenden Könige in Aegypten, die gleiches
Streben verfolgten, wurden als Gottesverächter gestem-
pelt, und die sieghafte Priesterpartei verhinderte spätere
Wiederholungen ähnlicher Werke.
Im assyrischen Beluspalaste, wie im ägyptischen
Wallfahrtstempel, ist ein geistiger Mittelpunkt aller Bezie-
hungen vorhanden, aber dort wird er beherrscht vom
mächtigen Unterbaue, hier von endlosen Vorwerken ver-
steckt; in beiden verliert er seine eigene Bedeutung, und
nicht der Gott, sondern die Macht derer, die ihn setzten,
verherrlicht.
wird
Nahe Verwandt mit den assyrisch-chaldäischen Be-
wohnern Mesopotamiens mochten die semitischen Phöni-
cier und Juden sein, bei welchen wir auch einige Augen-
blicke verweilen müssen. Letztere, noch lange ein un-
stätes Nomadenvolk, als ihre Stammverwandten schon
feste Städte gegründet und bis über die Säulen des Her-
kules hinaus Colonien abgesetzt hatten, entlehnten von
diesen ihre Bauformen, so dass, bei fast gänzlicher Un-
wissenheit dessen, was das Wesen der phönicischen Kunst
ausmachte, uns die biblische Beschreibung der alten
Salomonischen Prachtbauten einige ziemlich zuverlässige
Schlüsse in Beziehung auf sie gestattet. Wir besitzen
ausführliche Nachrichten über den alten Tempel Salomonis
und einige abgerissene Notizen über den Palast dieses
üppigen Königs. Es wurde schon oben darauf auf-
merksam gemacht, wie grofses Interesse diese Bauwerke,
namentlich die Tempel, in Beziehung auf dessen sichtbare
Entstehung aus dem Zeltbaue gewähren. Er war durch-
weg phönicisches Werk, heidnische Auffassung der Mo-