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lung von der elfenbeinernen Minervenstatue des Phidias.
Die Ehre der Nation und die Achtung vor der Gottheit
war im Spiele.
Nicht aus Missachtung der F olgerichtigkeit im Den-
ken, sondern absichtlich geschah es , dass die eigentliche
Frage, nämlich was die Griechen vermocht habe, weifse
Tempel zu bemalen, in der Antwort umgekehrt wurde,
die Auskunft darüber giebt, warum man zu der Malerei
Weifsen Marmor wählte. Diese Auffassung der Sache ist
die richtige, wie sich später noch deutlicher herausstellen
wird.
Wie aber stets das Gute und Schöne, wo es gefun-
den ist, sich nach allen Richtungen und anders noch gel-
tend macht, als nach der nrsprünglichen Meinung, so ge-
schah es auch hier, dass, während der Marmor durch
sein
und
edles
seine
Korn,
Farbe
durch seine krystallene Durchsichtigkeit
den schönsten Grundstoffen zur Entfal-
tung attischer Skulptur und Malerei bildete,
mische Farbenemail a") wieder wesentlich zu
der balsa-
seiner Er-
Theilt übrigens Herr Kugler hierin nicht meine Ansicht, so lasse er
eine bessere Autorität fiir mich sprechen.
Plinius sagt cpt. 15 des 35. Buches: Dnrat et Cyzici delubrum in
quo tilum aureum commissuris omnibus politi lapidis subjecit artifex
eburneum Jovem dicaturus intus, coronante eum Apolline. Tralucent ergo
juncturae tenuissimis eapillnmentis, lenique afflatu simulacra refovente,
praeter ingenium artificis ipsa. materia quamvis occulta in pretio
operis intelligitur. Die Stelle ist in mehrfacher Hinsicht fiir unseren
Stoff interessant. Offenbar sagt sie, dass die Goldfäden nur durch etwas,
was sie verbarg, durchschimmerten, und die Bildwerke mit einem zarten
Hauche umgeben. Was konnte dies anders sein, als die Farbe oder die
gefärbte Wachspolitur?
Ich deute mit diesen Ausdrücken an, dass bei den Griechen, wie
bei den Indern, der Wohlgeruch ein Coeffieient des allgemeinen Kunst-
productes war. 4