26
Sollte die Erfüllung des Orakels gerade in der ersten
und wichtigsten Bedingung an das Eintreffen einer ganz
gewöhnlichen Erscheinung geknüpft gewesen sein? Un-
möglich! Es ist nicht zu bezweifeln, dass der weifse
Markt u. s. w., wenigstens zur Zeit der Orakelertheilung,
den Gewohnheiten und dem Herkommen des Volkes nicht
entsprach.
Ja die Symmetrie des alten Spruches gestattet noch
weitere Folgerungen: Es liegt nichts zu sehr Gewagtes in
dem Schlusse, dass, da. an dem rothen Herold das stets
weil's Erscheinende die ungewöhnliche röthliche Mennig-
farbe fiihrt, der räthselhafte weifse Markt auch wieder das
Gegenstück zu dem stets röthlioh Erscheinenden bildet.
S0 weit wären wir, dass zur Zeit des Orakelspruches
der weifse Markt und das weifse Prytaneion als Unge-
reimtheiten erscheinen mussten.
Bleibt noch die Beantwortung der wichtigen Frage
übrig, ob mit der Gewohnheit, Gebäude aus weifsem Mar-
mor zu bauen, eine gänzliche Umwälzung in den Sitten der
Griechen erfolgte, so dass der alterthümliche Gebrauch des
Bemalens der Werke auf einmal aufhörte, oder ob es nur
ein zufälliges Zusammentreffen War, dass die Agora und
das Prytaneion gerade zu der Zeit, wie die Samier mit
ihren Schiffen eintrafen , sich weil's präsentirten.
Sollten die Sifnier des ihnen verkündigten Verhäng-
nisses und der daran geknüpften Erscheinungen so unein-
gedenk gewesen sein, als sie den Vorsatz fassten, den
Markt in parischem Marmor auszubauen, dass sie hätten
damit die Absicht verbinden können, ihn, der Pythia zum
Trotz, wirklich weifs zu lassen?