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des zum Höchsten gesteigerten Eifectes einen zu scharfen
Abschnitt zeigt, etwas Mangelhaftes liegt (was die Athe-
ner bewog, ihre colossale Minerva mitten auf die Akro-
polis zu stellen, wo ihr Helmbusch selbst die Giebelkrö-
nungen des Parthenon überragte), so erkennt man schon
in diesem Zusammenhange, ohne die Vollkommenheiten
des Einzelnen zu berücksichtigen, den unermesslichen
Abstand zwischen Hellenenthum und den Barbaren.
In
unübertroffener ,
nie
erreichter
Harmonie
Wirken
die vier Elemente der Baukunst zu Einem grofsen Ziele
zusammen. Der Unterbau, die umgebenden Stoen sind
nur das Vorbereitende und Tragende, der Hofstaat des
Gottes; ohne sie hätte sein viereckiges Giebelhaus kein
Vorne und kein Hinten, es wäre beziehungslos und un-
verständlich. So aber ragt es über den ihm zur Verherr-
lichung in eigener Schöne prangenden Hallen hinaus mit
seinem reich gekrönten Giebel, das Haus des Gottes.
Nicht mehr halten ihn kluge Priester in verborgenem
Käfig gefangen, nicht mehr dient er despotischem Ueber-
muthe hoch in den Wolken als Symbol und Drohbild
eigener Macht. Er dient Niemandem, ist sich selbst
Zweck, ein Vertreter der eigenen Vollkommenheit und
des in ihm vergötterten griechischen Menschenthumes.
Nur ein freies, von Nationalgefühl getragenes Volk
kann solche Werke verstehen und schaffen
Der in dem Texte bemerkte Umstand, dass die Steigerung der
Wirkung bis zum Bilde der Gottheit eine Unterbrechung erleidet, hat
wahrscheinlich zu der Ansicht geführt (die jetzt einen der verbreiteten
ästhetischen Gemeinplätze bildet), die Baukunst der Griechen sei eine we-
sentlich iiiüserliche. Es kommt dabei auf ein Verständniss an; mich