Tragische.
Das
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Bei diesem Allen herrscht eine freudige Empfindung über das Erliegen.
Ein uns Widerstrebendes wird dadurch getilgt.
Ebensowcnig darf das Tragische mit einem nur ungewöhnlichen
oder grausamen oder schrecklichen Ende verwechselt werden, wie es
leider so häufig geschieht. Man meint tragische Empfindungen zu er-
regen, wenn man mit hlartern quält oder durch Widernattirliclikeiten
das Ende herbeiführt. Es ist nicht tragischfwcnn Jemand zu Tode ge-
quält wird, oder wenn ein Bruder den Bruder, der Sohn den Vater
ersticht; es ist nicht tragisch, wenn Ugolino im Hungerthurln seine
Kinder umkommen sieht und deren Gebeine annagt, das ist schreck-
lich oder scheusslieh. Das Schreckliche kann häufig tragisch gemacht
werden, aber es hat an und für sich noch nichts damit zu thun. Wie
sehr wird noch, weil dies häufig niisskannt wird, in falscher und
schlechter Tragik gesündigt, die ihr Ziel im blossen Grausen sieht.
Das Erhabene haben wir betrachtet. Es gilt also jetzt den Sturz
desselben ins Auge zu fassen, wodurch es tragisch wird.
Es muss eine höhere Macht sein, die den Sturz bewirkt.
Sie darf nicht kleiner, sie darf nicht gleich sein.
Wäre sie kleiner, so könnte das lilrhabene nur durch einen soge-
nannten Zrlfall unterliegen und wir würden dabei das Gefühl der Dis-
harmonie empfinden, was mit dem Zufall der uns keine Ursache bei
einer Wirkung gewahren lässt unzertrennlich ist. Der Zufall darf
nur in einer bedingten Weise geltend werden, die gleich näher unter-
sucht werden soll.
Sind die Kräfte in dem Erhabenen und dem Sturzbewirkenden
gleich, so wird durch die Gleichheit, namentlich wenn sie als Gleich-
artigkeit auftritt, das Erhabene gedrückt. Denn das Eine wäre durch
das Andere vollkommen gemessen.
Aber wenn das, was den Sturz bewirkt, grösser sein soll, ist dann
nicht erst recht die Grösse des Erhabenen aufgehoben?
Wir sehen, dass das Macht-igere von besonderer Art sein muss.
Es muss ein durchaus Unwiderstehliches repräsentiren, mag dasselbe
sich nun in einheitlicher Macht oder als eine Summe von Kräften
zeigen.
Nehmen wir Fiesco und Verrina. Dieser tödtet jenen, der Schwächere
Mann für sich allein, seine einzelne Idee gegen die des Helden; der
tragische Eindruck ist nicht gewonnen. Der Held fällt iIl einer nicht
würdigen, ihn drückenden Weise. Nehmen wir zwei Helden, gleich an
Kraft und Muth, gleich in ihren Ideen, gleich an Waffen. Wenn Sie
miteinander kämpfen und Einer von ihnen hat das Unglück zu unter-
liegen, so ist das nicht tragisch. Da steht der tolle Heinrich Heisssporn
dem tollen Heinrich von Wales gegellüber- E1" 1st sogaT ein helden-
mässigerer Mann gewesen, als der Liebling der Küfer und Kellner,
Kein Scrupel in der Brust lähmt Percy's Muth; vor seinen Blicken