Volltext: Populäre Aesthetik

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Das Erhabene. 
wie ein Stein, und so fest wie ein Stück vom untersten Mühlstein. Wenn 
er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken und wenn er daher bricht, 
so ist keine Gnade da. Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so 
reget er sich nicht; oder mit dem Spiesse, Geschoss und Panzer. Er 
achtet Eisen wie Stroh, und Erz wie faul Holz. Kein Pfeil wird ihn ver- 
jagen, die Schleudersteine sind ihm wie St-oppeln. Den Hammer achtet 
er wie Stoppeln; er spottet der bebenden Lanze. Er machet, dass 
das tiefe Meer siedet wie in Töpfen, und rührefs ineinander, wie man 
eine Salbe mengt. Nach ihm leuchtet der Weg, er machet die Tiefe 
ganz grau. Auf Erden ist ihm Niemand zu gleichen; er ist gemacht 
ohne Furcht zu sein. Er verachtet Alles, was-hoch ist; er ist ein König 
über alle Stolzen." 
Das ist Schilderung des Erhabenen. Satz um Satz das Unver- 
gleichliche, gegen welches das Höchste, was der Mensch hat an Kraft, 
Geschwindigkeit, Muth wegfallt.  
S0 singt David: Führe ich gen Himmel, so bist Du da, bettete ich 
mich in der Hölle, siehe so bist Du auch da. Nahme ich Flügel der 
Morgenröthe und bliebe am aussersten Meer, so würde mich doch Deine 
Hand daselbst führen und Deine Rechte mich halten. Sprache ich: 
Finsterniss möge mich decken, so muss die Nacht auch Licht um mich 
sein. Denn auch Finsterniss nicht finster ist bei Dir und die Nacht 
leuchtet wie der Tag, Finsterniss ist wie das Licht. .    
Aber wir müssen darauf verzichten, mehr Beispiele herauszuheben. 
Wozu an Dome, an ein jüngstes Gericht Michel Angelds, an seinen 
Moses, an des Phidias Zeus, an Beethoven, Shakespeare, an all die Er- 
habenheiten der Natur erinnern, an die Alpen und an die Meere, an die 
Wüsten und an die Lüfte mit ihren Wolken und Wettern, an Ströme 
und Felsen, gipfelnde Riesenbäumc,  wir haben hier nur die allge- 
meinen Gesetze zu suchen und hervorzuheben. 
Bei dem Menschen wiesen wir auf die Bedeutung der geistigen 
Kraft hin; besonders ist noch aufmerksam zu machen, wie tief das 
ethische Element hier eingreift. Vorher möge man das Maass noch an 
die Aeusserungen des Willens, des Zorns und der Wuth legen. Der 
Wille.in höchster Kraft hatsein Maass: er wirkt erhaben. Sowie der 
Zorn über das Maass hinausgeht, wird er furchtbar; die Wuth wird 
maasslos und verzerrt dazu und ist deshalb fürchterlich, scheusslich 
und entsetzlich. c 
In ethischer Beziehung steht das Gute wie das Böse dem Erhabe- 
nen offen. Ja das Böse vermag uns in besonderer Weise Bewunderung 
und Staunen abzutrotzen. Freilich nicht immer. Das einfach Schlechte 
Oder Böse ist uns widerwärtig" oder verhasst und gefürchtet; je mehr es 
gehäuft ist, desto scheusslicher oder thierisch-unverstandiger erscheint 
es uns. Aber sehen wir einen bösen Menschen mit Allem kämpfen, was 
wir für mächtig erachten, mit der menschlichen Gesellschaft, mit den
	        
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