Das
Erhabena
Erhaben ist das vom Maass beherrschte, dessen Maasse jedoch
sich unserer Bemessung entziehen. Unsere Maasse sind dafür zu klein.
Gesetzmässigkeit ist da, aber wie sie messen!
Nahmest Du Flügel der Morgenröthe und tlögest zum äussersten
Meere, sagt der Psalmist, oder: der Himmel ist sein Stuhl, die Erde
ist seiner Füsse Schemel in solcher Unmöglichkeit des Begreifens
und Erfassens einer gewaltigen Harmonie ist das Wesen des Erhabenen
zu erkennen.
Sowie Maasslosigkeit herrscht, geht das Erhabene ins Furchtbare
über; es ist leicht einzusehen, wie schwankend der Begriff des Er-
habenen und Furchtbaren für die Beurtheilung oder in der Auffassung
sein kann. Nehme ich die Begriffe: Unendlichkeit, Ewigkeit, so sind
sie furchtbar, wenn ich durch den Glauben an eine Gottheit, durch die
Annahme einer Weltordnung nicht eine Harmonie in sie hineinlege,
die ich freilich nicht fassen und begreifen, höchstens nur mit meinen
Ahnungen streifen kann. Aber dann werden sie erhaben.
Die Gottheit, das Schicksal sind furchtbar oder erhaben, je nach-
dem ich die Willkür von ihnen hinwegdenke und ihnen eine Harmonie,
ein Maass beilege.
Der Gott Juda's ist furchtbar, denn er ist willkürlich und mass-
los, unbändig in seinem Grimm, rücksichtslos und unbarmherzig in
seiner Rache. Der Jude kennt für ihn kein Maass und Ziel; er fürchtet
einen Herrn, der zum Wütherich werden mag, während er in Güte zu l
einem Verschwender wird. Der Jude bleibt seinem Gott gegenüber ein
Kind oder ein Sclave. Der Zeus der Hellenen dagegen ist erhaben.
Auch er vermag Himmel und Erde mit dem Wmken seiner Augen-
brauen zu erschüttern, aber sein Anbeter kann freudig zu ihm auf-
schauen; das Maass thront auf seinem Antlitz, wie es seine Handlungen
beherrscht.
S0 sind Sternweiten, so ist das Meer, der Himmel, Sturm, Wetter
und was es Gewaltiges giebt unter dem Himmel und auf Erden, erhaben,