Das
Gnu
deutsche und französische Romantiker uns ihre grausigen Spuk-
geschichten und irren und wirren Ausgeburten krankhaften Geistes
erzählen, wo wir mit wahnsinnigen Fratzen zu Tische sitzen, oder
Menschen erblicken, die auf Eisbären hienschenblut ans Schädeln trin-
ken, ohne dass sich die Dichter über diesen grausigen Eindrücken
halten können, dann spricht (laraus eine schlimme Verkehrtheit, Krank-
heit der Dichterseele oder Albernhcit. Denn auch dieser Bogen, _zu
stark gespannt, bricht; auch das Grausige kann umschlagen und wird
dann lacherlic-h, wie jeder solcher Umschlag. Wir sehen, dass dieses
Maasslos-Wlerzerrte überhaupt kein Maass hat und nur der Schatten
von einem Nichts ist.
Wo wir das Grausige beliebt sehen, ist etwas "faul" im Volk.
Entweder ist es harbarisch, roh und seine stumpfen Nerven können
durch Schreckliches allein gekitzelt werden, oder es ist verdorben,
abgestumpft, blasirt. Der Wilde und der verthierte Mensch weiden
sich an Qualen ihrer Opfer und Schcusslichlzeiten wie das Geschlecht,
welches Juvenal in seiner ganzen Verworfenheit schildert.
Wohl wird der Künstler der schwächlichen Zeit das Entsetzliche
entgegenhalten dürfen, damit sie ihre Nerven dagegen stärkt, aber
nur unter den angegebenen Beilingungen. So wie er über das Ziel
hinausschiesst, wird sein Werk an sich hässlich; je grösser die darauf
verwandte Kraft, desto widerivilliger ihre Erscheinung. Nur zu oft
wird hiergegen gefehlt; um gar nicht der untergeordneten Autoren mit
ihren Grituel- und Schaudergeschichten zu gedenken, können uns aus
den letzten Zeiten ein Hebbel "oder ein Delacroix mit seiner Metzelei
von Skios darüber belehren.
Eine ausführliche treffliche Darlegung des ganzen Gebietes des
Hässlichen giebt: Rosenkranz, Aesthetik des Hasslichen, auf welche
hier für das eingehendere bftudium verwiesen wird.
Dem Furchtbaren steht das Lachbare oder, wie man es auch
nennen könnte, das Gleichgültige gegenüber, welches Alles in sich
begreift, was weder durch Gesetzmässigkeit uns anzieht, noch durch
Ungesetzmassigkeit uns abstösst, was weder ein harmonisches, noch
ein disharmonisches Gefühl in uns erweckt. Ist im Furchtbaren der
Mensch gleichsam aufgehoben, so ist er beim Lachbar-Gleichgültigen
vollständig indifferent; er schwankt zwischen dem Lachen und dem
ticrlachen oder das lachbare Object existirt überhaupt nicht für ihn
in ästhetischer Beziehung. Wir befinden uns bei dem Lachbaren in
dem Reiche der Gewöhnlichkeit und Alltäglichkeit, dessen was nicht
schön, aber auch nicht hässlich genannt werden kann, was so, was
aber auch anders sein könnte, ohne dass wir ein grösseres Interesse
dafür gewonnen. Wäre weiss schön, schwarz häsSllßh, S0 hätten wir
hier grau. Kein Maass ist darin recht ausgeprägt, noch wird es be-
sonders vermisst oder verkehrt gefunden. Natürlich ist dieses Gebiet