Volltext: Populäre Aesthetik

Der 
Geschmack. 
Classische. 
Das 
Das Ronlantischc. 
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schmack wird durch das Wissen in die ästhetische Urtheilskraft ge- 
hoben. 
Ein Object erscheint schön, an welchem wir die Anforderungen 
unserer ästhetischen Urtheilskraft erfüllt sehen, dessen Erscheinung also 
in den bestimmten, zu unserem Wohlgefallen nöthigen Formen sich 
zeigt. Einseitig kann man nun das ganze Gewicht auf die subjectivc 
Anschauung des Schönen legen und damit sagen: der Mensch sieht alles 
Schöne an den Gegenstand hinan; die Objeete sind nur schön, insofern 
der Geist sie in seiner Schönheitsthätigkeit sich vorstellt. Danach wäre 
alles Naturschöne nur ein Reflex des Geistig-Schönen. Dieser Stand- 
punkt ist einseitig; der Mensch und sein Geist ist Theil der Welt, der 
er angehört. Er ist ein mehr oder minder bewusster Ausdruck des die 
Welt Durchwaltenden; sein Geist ist nur ein Spiegel der Dinge, nicht 
ihr Schöpfer. Deshalb ist auch im gegebenen Falle den Dingen selbst 
Schönheit zuzuerkennen. Natürlich vermögen wir dieselbe nicht weiter 
zu erkennen, als unser ästhetisches Vermögen geht; von einem abso- 
luten Schönen, einer absoluten Sehönheitsidee u. s. W. für den Menschen 
kann deshalb in Wirklichkeit keine Rede sein; ein stetes Wachsen aber 
der Erkenntniss und damit ein immer höheres Darlehen, oder wenn wir 
es anders nennen wollen: ein immer höheres Streben nach dem Gött- 
lichen ist dem Menschen möglich. Wo alle Anforderungen erfüllt sind, 
in denen das Wesen des Schönen ausgedrückt erscheint, wird man vom 
Voll-Schönen "sprechen; daneben wird das Einzel-Schöne seinen Werth 
und seine Wichtigkeit haben. In dieser Hinsicht giebt es eine Reihe 
von Schönheiten, wie wir denn schon sahen, dass häufig einzelne 
Eigenschaften des Schönen für das volle Schöne gehalten werden. Es 
sei hier ein Begriff kurz berührt, (siehe namentlich Rob. Zimmermanns 
Acsthctik darüber): der Begriff des Olassischen. Wir nennen 
classiseh das Voll-Schöne, vor Allem in Beziehung darauf, dass das 
Ding in seine reine, bestimmte und daher klar anschauliche, in seine 
freie, d. h. ungetrübte, weder durch Fehlendes verkümmerte noch 
durch ungehörige Zuthat zugedeckte Erscheinung getreten ist. Diesem 
entgegen nennen wir die Form romantisch, in welcher ein Schönes 
nicht zur vollen, klaren, Mangel- und Zuthat-losen Erscheinung ge- 
bracht wurde und damit einem unbestimmten Schwanken unserer Em- 
pfindung und unseres ästhetischen Urtheils ausgesetzt ist, ferner nicht 
blos Empfindung, sondern Selbstthätigkeit zur Ergänzung des Mangels, 
und zum Ausscheiden des Ungehörigen vernothwendigt. Das Roman- 
tische steht deswegen ästhetisch tief unter dem Classischcn, welches 
das Ziel ist. Wirksam und interessant, nalnellüißh für den ästhetisch 
noch nicht Durehbildeten, kann es erscheinen, ja für untergeordnete 
Stufen oder besondere Empündungszuünde anziehender wirken als das 
Classische, wegen des Reizes, der in dieser Unbestimmtheit und der er- 
gänzenden Thätigkeit liegt. Wo über eine für classisch geltende Form
	        
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