Der
Stoff bedingte
VOXII
Stil.
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Kunstwerken ist der Freiheit der Subjcetivität, wie den Gesetzen der
Objectivitüt in gleicher Weise Genüge geschehen. Man braucht nur die
Worte: Idealismus und Realismus auszusprechen, um in die weiten Per-
spectiven hineinzuleuchten, die sich von dieser Betrachtung aus öffnen.
Wir werden bei der Kunst darüber zu handeln haben. Hier nur ein,
aus den höchsten Lebenserschcinungen genommenes Beispiel. Im Staat
sind die liienschen der Stoff für die Form. Hat der Staatsküustler, der
Entwerfer der Staatsordnung, nur seine Ideen im Auge, so behandelt
er die Menschen als willenloses Material und kümmert sich nicht um
die Individualität etc. und deren Rechte (Platds Republik und manche
andere Staatsthcorien von Socialisteir u.' A. sind characteristische
Muster); geht der Staatskünstlei- von dem Material, dem Menschen aus,
so wird er hauptsächlich auf die individuellen Rechte Rücksicht nehmen
und in deren schönster Entfaltung den höchsten 'I'riumph sehen. Der
romanische und der germanische Geist sind im Allgemeinen Muster für
diese verschiedenen Richtungen und zwar nicht blos in Bezug auf die
angeführten Staatsordnungen.
Wohin Einseitigkeit führt, ist leicht zu sehen. So reich der Men-
schengeist ist, so ist er doch nur Eins, und ist auf die Vielheit des
Stoffes angewiesen. Nimmt er keine Rücksicht auf die Fülle der Er-
scheinungen ausser ihm, so tritt Einförmigkeit, Starrheit ein. Seine
Formen werden dann zum todten Schema. Die Fülle der Erscheinun-
gen bildet ein Reich lebendigen Wechsels. Aber der Geist muss darin
walten und einen. Wenn dort Verknöcherung, so ist hier sonst ein
Auseinanderfallen der Formen zu befürchten.
Das Nähere über die besonderen Arten der Erscheinung im Stil
bei der Betrachtung der Kunst, sowie bei der Einzelbetrachtung der
Künste.