Volltext: Populäre Aesthetik

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WVesen 
zwischen 
Harmonie 
und Erscheinung. 
sende von Zellen machen noch keinen Baum. Unzählige andere Formen 
treten hinzu. Lebendige Kräfte wirken in ihm; aus den Verschieden- 
sten Theilen baut sich ein Gesammtwesen auf. Noch schwieriger wird 
die Harmonie, wo die Naturgesetze sich in einer Freiheit zeigen, dass 
wir das Bewusstsein eines zu Grunde liegenden Zwanges verlieren und 
von der Freiheit des Willens sprechen. Hier ist eine tinbemessbare 
Nüancirung, auf welche wir jedoch erst bei der Betrachtung der 
bestimmten Objecte eingehen können, um die Harmonie von Wesen, 
Character und Erscheinung, Stoff, Form, Ausdruck, zu untersuchen. 
Freie Entwicklung des Wesens in der Erscheinung ist, wie wir 
sahen, wohlgefällig. Hat ein Ding Bedeutung, kam diese Bedeutung 
frei zum Ausdruck, ungetrübt, ungestört, rein, vollkommen in ihrer 
Weise, so nennen wir die Erscheinung characteristisch. Da stets Be- 
deutung vorhanden sein muss, um ästhetisches Interesse zu erwecken 
und stets characteristische lürscheinung, um wohlzugefallen, so finden 
wir das Characteristische als ein Wesentliches für das ästhetische 
Gefallen. Deswegen haben auch Einige es kurzweg für das Schöne 
erklärt. Dieses Wohlgefallen am Cliaracteristischen erstreckt sich denn 
auch auf die Erscheinungen, die sonst als Ausdruck eines missfälligen 
Wesens nicht gefallen. Selbst das Hässliche, Schädliche, Böse, welches 
in die Erscheinung tritt, soll sich danach seinem Wesen voll ent- 
sprechend zeigen; wir respectiren es sodann ästhetisch; es erregt in 
dieser Beziehung ein Wohlgefallen, während es andern Falls in seiner 
Erscheinung ästhetisch noch mehr missfällt. 
Besonders wird dies von Wichtigkeit, wo es sich nicht um die 
Wirklichkeit, sondern nur um den Schein einer lürscheinung handelt, 
wie ihn das Kunstwerk im engeren Sinne giebt. 
Auf den an sich strengen Unterschied zwischen Aesthetischem und 
Ethischem ward schon von Anfang an verwiesen. Jenes hat es immer 
nur mit der reinen Plrscheinung in Bezug auf das Schöne zu thun, 
dieses mit dem Wesen in Bezug auf das Gute. Hier nur noch einige 
Betrachtungen über die Erscheinungen, hinter welchen wir ein Schäd- 
liches, Böses u. s. W. erkennen oder zu erkennen glauben. Zuerst ist 
auf die Relativität dieser Begriffe zu verweisen. Eine Giltblnme, die 
als tödtlich gefürchtet wird, dient dem Arzte als Heilmittel und ist 
deshalb so nützlich wie schädlich. Es zeigt sich daraus die Verkehrt- 
heit, wenn man aus ihrer Schädlichkeit ein Hässliches für die Er- 
scheinung folgern wollte; mit demselben Rechte müsste wegen ihrer 
Nützlichkeit Schönheit gefordert werden. Was im Princip aber be- 
deutungslos in dieser Hinsicht ist, das bekommt allerdings für die 
Beschränktheit des Urtheils ein hohes Gewicht. Wenige Menschen. 
besitzen die Kraft, das ästhetische Urtheil vom ethischen, moralischen, 
zu trennen. In vielen Fällen z. B. bei Bedrohung des Lebens, ist es 
Unmöglich, jenes frei wirken zu lassen, oder doch fast unmöglich.
	        
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