Volltext: Populäre Aesthetik

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Dichtkunst. 
Die 
Scheidung mit derjenigen nach den Charactereu durchschnittlich ver- 
einigen. 
Am bestimmendsten ist in einem Drama für unsere Anschauung 
der Schluss. Wie endet das Stück? Welche Gefühle nehmen wir mit? 
In welche Zukunft sehen wir hinein? Das geschlossenste Drama, welches 
deswegen in dieser Beziehung auch die höchste Form ist, ist das mit 
dem unglücklichen Ausgang: Tod! Alles ist beschlossen. Die Uhr steht 
still, um R. Zimmermanns Worte zu gebrauchen; alle Gewichte sind 
abgelaufen. Der Gegensatz ist das Drama mit glücklichem Aus- 
gang. Nennen wir jenes im Allgemeinen Trauerspiel, dieses Lustspiel. 
Nun giebt es aber Stücke, welche zwar gut enden im gewöhnlichen 
Sinne des Worts, aber doch im Ganzen zu ernst waren, zu ilahe am 
Abgrund des Unglücks sich bewegten, als dass wir von dem Lustgefuhl 
der gewöhnlichen Heiterkeit uns erfüllt fühlen könnten. Wir theilen 
also das Schauspiel ernster Art, aber glücklichen Ausgangs ab. Sollte 
das Lustige zu Ende traurig ausgeschlagen sein, so würden wir ein 
tragi-komisches Stück erhalten. Ferner ist, wie bei allem Komischen 
zu bemerken, dass dasjenige, was für uns komisch, also lustig erscheint, 
für Andere sehr traurig sein kann. Dass der Betrüger entlarvt wird, 
mag uns unter Umständen äusserst komisch dünken, wenngleich es ihm 
selbst ohne allen Spass ist. Das komische Auflösen giebt gleichfalls 
ganz geschlossenen Ausgang. Weitere Eintheilungen, wie z. B. Polo- 
nius sie so gut kennt: Historie-Pastoral, Pastoral-Komödie, Tragiko- 
Historie n. s. w. können wir uns hier ersparen. 
Verschiedenheiten des Dramas ergeben sich ferner, je nachdem es 
ausschliesslich gesprochen oder gesungen oder von Musik begleitet wird 
oder nicht, oder Sprechennnd Singen wechselt. Das griechische Drama 
ging aus von Gesang, Musik, und Tanz, doch überwog bald der ge- 
sprochene Dialog und gestaltete sich daraus das eigentliche Drama. 
Unsere Oper wurde gebildet, indem man das ganze Drama wieder in 
Gesang auflöste  und zwar zuerst in Italien in Nachahmung der 
antiken Dramen. Damit wird die Oper zum Lyrischen hinübergeführt 
und bildet ein dramatisch-lyrisches Mischstüek, mit allen Fehlern, welche 
den Mischarten anhaften. Bekommt die Instrumental-Musik darauf 
besonderen Einfluss, so wird die Vermischung noch grösscr. Es 
kann daher in einer Oper das Dramatische nur eine untergeordnete 
Stelle einnehmen; weder als eigentliches Drama noch als eigentliche 
Lyrik wird sie hoch stehen; in einzelnen dramatischen und lyrischen 
Scenen wird sie ihre Triumphe feiern. Im gewöhnlichen Singspiel 
finden wir Rede und Gesang untermischt (siehe oben: Musik); bei den 
Cantaten, Oratorien u. s. w. ist dramatische Fassung, doch wird die 
Auüuhrung ganz auf den Gesang allein verlegt. Nur die Stimmen 
der Darsteller kommen dabei in Betracht; jede handelnde Auffüh- 
rung fallt fort. So können solche lyrisch-dramatische Gesangstücke
	        
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