Drama.
Das
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Aussehen und Sprache verschieden; sollte ein Schauspieler mehrere
Rollen übernehmen müssen und können, weil deren Personen nicht zu
gleicher Zeit auftreten, so muss er doch durch Maske, Kleidung und
Sprechweise jedesmal die verschiedenen Rollen anseinanderhalten. (Dies
hat wohl bei den Masken des antiken Dramas mitgewirkt.)
Dadurch, dass das Drama zur vollen künstlerischen Darstellung
die Aufführung verlangt, sind verschiedene weitere Forderungen be-
dingt. Um ganz zu entsprechen, muss das Drama aufführbar sein. Es
sind demgemass die Stoffe zu wählen und einzurichten. Um Dichtung
zu bleiben und nicht zur Pantomime herabzusinken, müssen durchgängig
die Handlungen durch die Rede auszudrücken sein und darf das stumme
Spiel, das stumme Handeln nicht die Hauptsache bilden. Es stellt sich
dabei der grosse Unterschied vom Epos heraus, Welches jede mög-
liche und unmögliche Thatigkeit uns in wenigen Worten vergegenwär-
tigen kann und als nur mit dem Worte wirkend Zeit und Ort gar nicht
zu berücksichtigen braucht; es erzählt uns z. B. in wenigen Versen,
dass der Held tagelang im Meer herumschwimmt, wie er weite Reisen
macht, ein Stück Land bearbeitet, Hunderte von Gegnern erschlägt
u. s. w. Die werdende dramatische Handlung aber ist, soweit sie zur
Aufführung kommt, ganz bestimmt an Ort und Zeit gebunden; was wir
sehen, muss in seiner Art möglich sein oder gemacht werden; was für
das Epos höchst einfach ist, wird bei der sichtbaren Aufführung, wo
nicht bloss die Phantasie arbeitet, sondern die Sinne wirksam werden,
leicht zum Unsinn. Die Zauberstücke, die aber deswegen immer durch
das Komische ihren Widerspruch heiter auflösen müssen und mancherlei
niedere dramatische Arten, welche auf diese epische Schaulust im Drama
speculiren, suchen zwar auch solche nur dem Epos zustehende Begeben-
heiten zu verwerthen; in die Aufführung des höheren Dramas gehören
sie nicht hinein oder dürfen doch nur nebensächlich erscheinen. Alle
äussern Verhältnisse, die nicht im Menschen ihren Ausdruck finden,
geben gleichsam nur einen Rahmen für das Menschengemälde oder sie
sind durch Erzählungen in die Handlung eiuzuschicben. In Shake-.
speards Sturm befinden wir uns auf dem Schiffe; in den Gesprächen
und dem Treiben der Menschen kommt er uns zum vollen Bewusstsein.
Der Untergang des Schiffes, das Schwimmen der Schiffbrüchigen hören
wir nur erzählen; nur in einem Zauberstück oder einer Posse dürfen
wir etwa einen Schwimmer in den Wogen dargestellt sehen. Doch können
wir hier nicht naher auf den Unterschied der wahrenKunst und solcher
Künsteleien eingehn, zumal auch hier eine genaue Granze anzugeben
unmöglich ist.
Dass der Dramatiker nicht dieselbe Leichtigkeit hat, uns so ausser-
gewöhnliche Personen in Bezug auf körperliche Kraft, Schönheit, auf
Aeusseres überhaupt, vorzuführen, wie dies der Epiker vermag, folgt
ebenso. Wenn uns der Erzähler einen übermenschlichen Helden schildert,