Volltext: Populäre Aesthetik

Das Drama. 
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handlung Gustav Freytags: „die Technik des Dramas", eine vortreff- 
liche Schrift, von welcher man für die dramatische Dichtung in Kürze 
die grössten Erfolge hoffen müsste, wenn dabei nicht ein Wort Carriere's 
seine volle Geltung fande: „Aber man findet erst, was man sucht, das 
heisst, was man schon selber gedacht hat, man lernt von andern nur, 
was man schon weiss, wofür man schon innerlich bereitet ist." Es möge 
erlaubt sein, hier die Verbildliehung des Aufbaues herzusetzen, welche 
Freitag giebt: 
c „a Einleitung, b Steigerung, c Höhenpunkt, d Fall 
oder Umkehr, c Katastrophe." 
5 d Freytag stellt Schillers Wallenstein ohne die 
a e Piccolomini folgendermaassen dar: 
„c giebt den Hölieiipunkt: die erste Action des 
1' d Verraths, z. B. die Verhandlungen mit Wrangel, 
5 cd Versuche, das Heer zu verführen, d Umkehr: 
das Gewissen der Soldaten empört sich; e Kata- 
 4' Strophe: Tod Wallensteins" 
Die gewöhnliche Weise, das fünfaetige Drama aufzubauen, liesse 
sich wohl noch besser mit folgender Figur versinnlichen: 
d Im ersten Acte leitet uns der 
Dichter allmälig in die Handlung 
c ein. Dies kann in der präcisesten 
e    
Weise geschehen, eine gewisse Ruhe 
d und Ausführlichkeit ist jedoch darin 
wünschenswerth. Im zweiten Acte 
(i  f b c kräftiges Aufwärtsstreben der 
Handlung. Die Richtung, welche sie nehmen will, wird ausgedrückt 
und kommt zur vollsten Geltung. Kraft, Kühnheit muss schon in ihr 
wirken. Im dritten Act c d steigt sie auf ihren Höhepunkt oder hat sie 
ihren Höhepunkt erreicht, wonach die Linie c d gerade oder von c aus 
auch schon abfallend zu denken wäre. Der Höhepunkt bei d wird je- 
doch durchschnittlich von der bedeutendsten Wirkung sein, indem an- 
derntheils, wenn der Höhepunkt schon bei c liegt, das Abwärtssinken 
der Handlung leicht zu lang erscheint, namentlich da die Einleitung ver- 
inöge ihrer langsamen ansteigenden Handlung nicht so in's Gewicht 
fällt. Im vierten Acte de sinkt die Handlung, oft in dem kräftigsten 
Bemühen, dieses Abwärtssinken abzuwenden, z. B. in der Tragödie, wo 
der Held sich abringt, dem über ihn hereinbrechenden Unglück Stand 
zu halten. Der fünfte Act e f giebt den starken, kräftig abfallenden 
Schluss und Abschluss. 
Die Grösse des Ganzen richtet sich nach seiner llebersiehtlichkeit, 
folglich nach der Kraft der Zuschauer und Zuhörer, wie lange diese die 
Anspannung des Geistes und der Phantasie, welche das Drama von ihnen 
verlangt, ohne Ermüdung aushalten können. Es kann das Drama als
	        
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