Dichtkunst.
Die
Prinz Eugenius wohl auf der Rechten.
Thät als wie ein Löwe fechten
Als General und Feldmarschall.
Prinz Ludewig ritt auf und nieder:
„Halt't euch brav, ihr deutschen Brüder,
Greift den Feind nur herzhaft an!"
Prinz Ludewig der musst" aufgeben
Seinen Geist und junges Leben,
Ward getroffen von dem Blei;
Prinz Eugenius ward sehr betrübet,
Weil er ihn so sehr geliebet,
Liess ihn bringen nach Peterwardein.
Weris so nicht lernt, der lernfs nicht. Kein Professor kann's ihm
sagen. Einige Wege sind schon angegeben, z. B. dass die Volksdichter
es gerne dem Hasen nachmachen. Grad' aus, grad' aus, aber husch,
nun einen Satz bei Seit" und auf einer andern Flucht, sehliesslich aber
schon wieder in's alte Nest. Oder wenn er von seinem Schatz singt,
dann um Himmelswillen nur verschwiegen, denn:
Die Dornen und Disteln, die stechen gar sehr,
Die alten Weiberzungen, die stechen noch mehr
und da muss er thun, als wenn's gar kein bestimmter Schatz wär, aber
wenn er die Nachtigall hört, der kann er's sagen, und wenn efs Wasser
iliessen sieht, dem darf er thalab einen Gruss mitgeben und mit dem
Falken sollen seine Wünsche Biegen, aber wenn er seinen Schatz trifft,
dann soll er nicht singen, sondern fein still sein.
S0 das Volkslied. Gleich ihm, nur je nach den besonderen Sphären
des Geistes, in welchen der Dichter sich bewegt, verschieden, entstehen
alle guten Lieder. Tiefes Gefühl bewegt die Seele und lässt alles
Schöne, Süsse, Kräftige, Traurige u. s. w. heraufurogen, so dass Schönes
sich zum Schönen ordnet. Der Dichter sucht und wählt dann nicht;
magnetisch zieht seine Empfindung das ihr Zusagende, zieht Eins das
Andere aus allen Anschauungen und, Empfindungen an sich heran. Er
weiss selbst oft nicht, wie das Lied entsteht. Er kann die Stimmung
dafür nicht wecken; sie kommt und geht wohl, ohne dass er sie halten
kann. Die Bildung des Volksliedes ist, wie schon gesagt, nur in der
Art vom sogenannten Kunstliede verschieden, dass bei ihm ein aus dem
Gedächtniss naehsingender Sänger die ihm fehlende Reihe oder Strophe
ergänzt oder ohne Weiteres im lebendigen Gefühl eine neue Idee ein-
schiebt. Das vollständig herausgearbeitete Gedicht des Kunstpoeten
verträgt dies seltener; dann kommt auch die feste Art der Ueberlieferung
hinzu. Sie geschieht durch das gedruckte und gewöhnlich nur gelesene
Wort. Das durch mündliche Ueberlieferung verbreitete Lied wird in
der angegebenen Weise vielfach verändert, erweitert, verkürzt. Allmälig