Die Lyrik.
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Was woll'n wir aber heben an,
Ein neues Lied zu singen,
Wohl von dem König aus Frankenreich,
Mailand, das wollt' er zwingen.
Oder jetzt nur gleich das Lied der Landskneehte, wenn wir durchs
Dorf ziehen. Da schaun die Mädel zum Fenster 'naus und der dicke
Pater steht unter der Thür:
Ei wcrd' ich dann erschossen,
Erschossen auf breiter Haid,
So trägt: man mich auf langen Spiessen,
Ein Grab ist mir bereit;
S0 schlägt man mir den Pnmerlein Pum,
Der ist mir neunmal lieber,
Denn aller Pfaffen Gebrumm.
Merk' nur auf; es ist zu allen Zeiten dasselbe; damals, hundert
Jahr, zweihundert Jahr später und heut zu Tag. Lieb' im Herzen,
einen Becher Wein, und eine kecke That-und wer will, mag das Volk
belauschen; dann singt es die Lieder, die uns in's Herz greifen, die
alten, alten und immer neuen Lieder mit ihren schönen Weisen und
Worten. Und wer recht freie Ohren hat und ein rechtes Herz für sein
Volk, der soll versuchen es ihm nachzusingen, wie unser Göthe. Fragen
darf man es dazu nicht, aber hören zur rechten Zeit. Will aber Einer
wissen, was dazu gehört: Gefühl von Leid und Lust im Busen, etwa
einen lieben und fernen Schatz, ein Herz für die Natur, für den Himmel
mit all' den Sternen, die da gehn, für die Erde mit ihren Blumen, für
den Wald mit seinem Grün und Vogelruf, für die blühende Linde und
die Frau Nachtigall und die Quellen, die da iliessen, und den Wind,
der da weht und die Wolken, die da ziehen aus der Heimath herüber.
Oder sonst Freude an einem kühlen Trunk:
Der liebste Buhle, den ich han,
Der liegt beim WVirth im Keller,
Er hat ein hölzern Röckleiu an
Und heisst der Muskateller.
Wenn das Alles nicht hilft, soll er in den Krieg ziehen und etwas
erleben. Das soll' er nur wieder sagen; soll es nur so sagen, wie der
Soldat, der bei Belgrad unter dem Prinzen Engen mitfocht:
Prinz Eugenius, der edle Ritter,-
Wollf dem Kaiser wied'rum kriegen,
Stadt und Festung Belgarad.
Er liess schlagen einen Brucken,
Dass man kunt hinüberrucken
Mit d'r Armee wohl für die Stadt.