Lyrik.
Die
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nig, u. s. w., welche jeder bestimmteren Üharacterschilderung hinderlich
ist, ward glücklich vermieden und die bestimmten Namen: Herr Olaf,
Erich, Douglas u. s. W. sicherten die individuelle Behandlung. Unsere
alten derartigen Lieder, wie das oben angeführte Hildebrantslied, ver-
kümmerten oder erhielten sich nur prosaisch in den Volksbüchern vom
hörnenen Siegfried u. s. w.; die neueren Stoffe wurden in's Historisch-
Prosaische hinübergezogen, und nur in seltensten Fällen künstlerisch
verarbeitet (die historischen Volkslieder, wie sie uns in den fliegenden
Blättern, aus dem 17. Jahrhundert besonders, aufbewahrt werden, sind
nur zu häufig dichterisch ganz undurchbildet und bänkelsängerartig auf-
gereihte Verse). Unsere Kunstdichter, wie Bürger z. B. nahmen die nor-
dische Ballade zum Vorbild. Zu gleicher Zeit etwa wurde aber auch
die Form der lyrisch-epischen Dichtung herübergenommen, wie sie sich
bei den romanischen Völkern, zumeist bei den Spaniern entwickelt
hatte, die Romanze. Die Romanze der Spanier behandelt wie die eng-
lisch-schottische Ballade lyriseh-episeh eine bestimmte Begebenheit, hält
wie jene die Bestimmtheit der Personen u. s. w. episch fest und kann
sich hoher künstlerischer Durchbildung rühmen. Sie ist von der Ballade
unterschieden durch den allgemeinen, mehr cavaliermässig zu nennen-
den, hölisch-ritterlichen Ton der südlichen Völker, so wie durch das
Versmaass (Trochäen, Assonanz). Die Ballade hat mehr das germa-
nische Gepräge; statt äusserlichen Wesens mehr innerliches, aber auch
mehr Schrotfheiten der äusseren Form; WO der Romane bestimmt ist,
wird der Germane leicht derb; wo jener leidenschaftlich, dieser wild,
jener witzig, dieser grob. Unsere Vorzüge dagegen braucht man nicht
aufzuzahlen. Je nachdem nun eine entsprechende Dichtung mehr in
diesem germanischen oder in dem romanischen Stil sich bewegt, nennen
wir sie Ballade oder Romanze. Weitere, besondere Unterschiede sind
nicht zu machen. Die englische und schottische Balladendichtung liebt
die dramatische Behandlung. Hier der Anfang einer Ballade in
diesem Stil:
„Graf Douglas presse den Helm in's Haar,
Gürt um dein lichtblau Schwert,
Schnall an dein schärfstes Sporenpaar
Und sattle dein schnellstes Pferd!"
"Der Todtenwurm pickt in Scone's Saal
Ganz Schottland hört- ihn hämmern,
König Robert liegt in Todesqual,
Sieht nimmer den Morgen dämmern!"
Sie ritten vierzig Meilen fast
Und sprachen Worte nicht vier,
Und als sie kamen vor Königs Palast,
Da blutete Sporn und Thier
(Strachwitu)