Symmetrie.
Proportion.
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Wissen aber drückt sich am vollkommensten in der abstracten Begriff-
lichkeit nach Maass und Zahl aus.
Bekanntermaassen erscheint das Verhaltniss der Gleichheit leicht
einförmig und als Zwang, also auch das Verhaltniss 1 : 1. Unter den
andern vielfachen Verhältnissen der Proportionen werden aber auch
nicht alle uns gefallen; einige können uns schön, andere unschön
dünken.
Die Verhältnisse z. B., in denen das Maass zu oft enthalten ist,
die wir demnach nicht mehr übersehen können, machen auch nicht
mehr einen wahrhaft gleichmässigen, sondern einen willkürlichen Ein-
druck. Wenn ich l : 5 noch leicht bemesse, wird bei 1 : 50 dies nicht
mehr der Fall sein. "Doch hören wir Zeising im Auszug.
„Ein Proportionalgesetz, welches wirklich befriedigen soll, muss
eben so sehr die Unfruchtbarkeit der blossen Allgemeinheit, wie die
Willkür und Zufalligkeit im Einzelnen vermeiden; es muss mit den all-
gemeinen Schönheitsgesetzen wie mit den einzelnen schönen Erschei-
nungen im innigsten und nothwendigsten Zusammenhang stehen, es
muss eben so sehr der Vernunft wie der Beobachtung entsprechen, es
muss mit der nöthigen Universalität zugleich die volle Bestimmtheit
und mit seiner Rationalität zugleich die praktische Brauchbarkeit ver-
binden."
Zeising bestimmt aber die Proportionalität als „diejcnige Stufe der
formellen Schönheit, welche den Gegensatz von Einheit und Unendlich-
keit, von Gleichheit und Verschiedenheit dadurch zur Harmonie auf-
hebt, dass sie das ursprünglich als Einheit zu denkende Ganze, mit der
Zweitheilung beginnend, in ungleiche Theile theilt, diesen Theilen aber
ein solches Maass gicbt, dass die Ungleichheit der Theile durch eine
Gleichheit der Verhältnisse zwischen dem Ganzen und seinen 'I'heilen
einerseits und zwischen den beiden anderen Theilen ausgeglichen wird.
Ein diesem Begriff entsprechendes Proportionalgesetz wird also lauten
müssen:
„Wenn die Eintheilung oder Gliederung eines Ganzen in ungleiche
'l"heile proportional erscheinen soll: so muss das Vcrhaltniss der un-
gleichen Theile zu einander dasselbe sein, wie das Verhaltniss der
Theile zum Ganzen."
Dies ist nichts anders als: „es muss sieh der kleinere Theil zum
grössercn verhalten, wie der grössere zum Ganzen, oder: das Ganze
muss zum Grösseren in demselben Verhaltniss stehen, wie der grössere
Theil zum kleineren."
Solche Theilung lehrt die des goldenen Schnittes, worüber jedes
Lehrbuch der Mathematik das Nähere giebt. (Die geometrische Construc-
tion ist folgende: Soll eine Linie a b nach dem goldenen Schnitt getheilt
werden, so setze man im rechten _W1nkel 11,2 ü b : b d an, verbinde
d mit a, trage b d auf d a ab, sei d e, und trage den Rest e a auf a b