Epos.
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schränken muss, um die Disharmonien zu vermeiden, welche bisher von
unserem politischen Leben unzertrennlich waren.
Wenn wir noch einmal an das humoristische Epos anknüpfen, so
kann uns dieses durch das komische Epos (Zachariae's Renommist u. s.
w.) hinüberführen zur didactischen Epik. An das komische Epos granzt
die Satire. Sie hat nicht mehr die Erfreuung der Phantasie zum Ziel,
sondern die Absicht, ethisch zu wirken, das Tadelnswerthe oder Schlechte
oder Verhasste zu treffen, zu verhöhnen, zu geisseln, durch Hohn und
Spott zu schädigen oder zu vernichten. Oft steigert sie sich bis zum
zornigen Verdammen, wo dann die Satire aufhört und Rache und Zorn
allein herrschen. Je mehr der didactische Zweck verwaltet, desto weiter
entfernt sich natürlich die Satire von der eigentlichen Dichtung, wie aus
dem oben Auseinandergesetzten zu ersehen.
Der Didactik gehört an das eigentliche Lehrgedicht, welches 11ament-
lich in den Zeiten und für Zustände gebraucht wird, wo die Denkkraft
noch der Unterstützung durch die Phantasie bedarf; das eigentlich be-
schreibende Gedicht gehört gleichfalls hieher, welches bei allem Glanz
der Schilderungen (siehe oben Stellung der Dichtung zur Malerei) sich
nicht zur Höhe der erzählenden Dichtung hinaufschwingen oder darauf
halten kann. Homers Kunst, die Beschreibung dadurch aufzulösen,
dass er die Dinge vor unseren Augen entstehen lässt, also erzählt, ist so
oft Gegenstand der Erörterung gewesen, dass es nur dieses einfachen
Hinweises bedarf. (Ein beschreibendes Gedicht, in welchem trotz aller
einzelnen Schönheiten der Dichter den Fehler jeder dichterischen Be-
schreibung nicht aufzuheben verinocht hat, ist Ohilde Harold von Lord
Byron.) Nach dem Gesagten bedarf es keiner längeren Erörterungen
der Fabel und der Parabel. Beide haben lehrhafte Absicht, jene die-
selbe gewöhnlich in eine, aus Thiersage u. drgl. abgeleitete Thier-
erzählung verhiillend, die Parabel und parahelähnliche Erzählung durch
eine menschliche Handlung u. drgl. lehrend. Die Legende hat, wie schon
bemerkt, grosse Neigung, in die Parabel überzugehen. Der kürzeste
epische Ausdruck, welcher Lehrhaftigkeit mit Anschaulichkeit verbindet
und daher aus der Didactik noch in das Poetische hineinreicht, ist der
Spruch, das Sprichwort.
(Des Näheren ist auf die ausführlichen Einzelbehandlungen aller
dieser Arten zu verweisen. Sodann auf die Lehrbücher der Aesthetik,
besonders auf Vischer, bei dem auch die Literatur einzusehen. Auf den
Streit und Widerstreit hinsichtlich vieler Punkte konnte hier keine Rück-
sicht genommen werden).
Was die epische Dichtung in Prosa anbelangt, so geht dieselbe
vom einfachen Spruche bis zum umfassendsten Roman. Die hohe Dich-
tung, dies gilt festzuhalten, verlangt die Kunstform; die gewöhnliche
gemeinübliche Redeweise kann nicht harmonische Form der Ungewöhn-
liehen, gesteigerten Dichtung sein. Der Form hat der Inhalt, dem In-
Lemcke, Acsthetik. 1'. A119. 32