Volltext: Populäre Aesthetik

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Schöne. 
Das 
freulich, doch kann sie auch den Eindruck der Einförmigkeit im üblen 
Sinne erregen und nach einer grösseren Mannigfaltigkeit verlangen 
lassen. Bei einem länglichen Rechteck haben wir nicht eine Gleichheit 
wie beim Quadrat, dafür aber eine grössere Freiheit. Jenes hat ver- 
schiedene Maasse für die einschliessenden Parallellinien, dieses nur ein 
einziges; die Winkel sind rechte geblieben. Alle besonderen Formen 
vom Regelmassigen zum Unregelmässigen können hier natürlich nicht 
erörtert werden; nur auf einige Hauptformen hinsichtlich des Maasses 
ist hier einzugehen. 
Eine Art freierer Regelmässigkeit giebt die so wichtige, weil so 
häuüg sich zeigende Symmetrie; sie zeigt Einheit in der Mannig- 
faltigkeit in wohlgefalliger Weise. Es ist eine Einheit bestehend aus 
zwei einander entsprechenden gleichen Hälften. Das Gleichmaas für 
zwei gegenüberliegende Punkte von einem Mittelpunkt oder einer Linie 
aus waltet darin; daneben kann der grösstmög-lichste Wechsel der 
Formen bestehen. Durch das Gleichmaass wird der Ordnungssinn, 
durch den Wechsel der Itreiheitssinn befriedigt. Eine freiere Stufe des 
Schönen als das einfach Regelmassige liegt deswegen im Symmetrischen 
vor uns. 
Damit jedoch ist das Gleichmaass noch nicht erschöpft. Es waren 
dieselben liiaasse, mit denen wir ohne eine Veränderung mit ihnen vor- 
zunehmen hantirten. Nehmen wir nun aber ein Maass und bilden wir 
danach Körper, indem wir verschiedene Zusammensetzungen immer des 
gleichen Maasses anwenden, so wird das so Entstandene ein gleiches 
Maass zur Grundbestimmung haben. Alles kann sich also verschieden 
zeigen, aber die Einheit des Grundmaasses geht doch hindurch und ver- 
knüpft gleichsam das sonst auseinanderfallende Mannigfaltige. Dies ist 
die Proportion. Man sieht, wie viel grösser ihre Freiheit gegenüber 
der Regelmassigläeit und auch der Symmetrie. Ihre Ordnung, ihr 
Maass liegt verborgen in ihr. Jeder Zwang scheint entfernt und Frei- 
heit durchaus zu walten. Und doch zieht sich wie durch jede wahre 
Freiheit die Ordnung hindurch. Willkür, hiaasslosigkeit ist in ihr ver- 
bannt. Die höchste Freiheit in der Ordnung und "höchste Ordnung in 
der Freiheit treffen darin zusammen. 
Unter den unzähligen Verschiedenen Proportionen ist nun eine ge- 
funden, die unserer Vernunft nach ihrem Freiheits- und Ordnungsgefühl 
wohl am besten zusagt. Wir kommen dadurch auf das von Zeising in 
Schärfe und Klarheit hingestellte Gesetz des goldenen Schnittes, das 
wir in seiner Art für Epoche machend in der Aesthetik erachten. Was 
sonst nur in den einzelnen Disciplinen der Aesthetik angestrebt wurde, 
eine sichere technische Handhabung nach Maass und Zahl, das hat Zei- 
Slllg 111 Beired der Proportionslehre für die ganze Wissenschaft ge- 
wonnen und dadurch den wichtigen Schritt gethan, sie in diesem Punkte 
aus der Willkür in wahre wissenschaftliche Ordnung zu heben. Das
	        
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