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Die
Dichtkunst.
Das Lied des Heldenbuchs
zwischen Vater und Sohn:
weiss,
wie
OS
weiter
geht
im
Kampf
Ich weiss nicht, wie der Junge dem Alten gab einen Schlag,
Dass sich der alte Hildebrant von Herzen sehr erschrak.
Er sprang sich hinterrucke wohl sieben Klafter weit.
Nun sag an Du viel junger, den Streich lehrte Dich ein Weib.
Sollt: ich von WVeibern lernen, das wäre mir immer ein' Schand,
Ich hab viel Ritter und Knechte in meines Vaters Land;
Ich hab viel Ritter und Grafen an meines Vaters Hof
Und was ich nicht gelernet hab, das lern ich aber noch.
Das kam so, dass der Alte liess sinken seinen Schild,
Dass er dem jungen Hildebrant sein Schwert wohl unterging.
Er erwischte ihn bei der Mitte, du er am schwächsten was,
Er schwang ihn hinterrucke wohl in das grüne Gras.
Wer sich an alte Kessel reibt, der empfahet gerne Ram,
Also geschieht Dir jungen wohl von mir alten Mann.
Nun sag mir, Du viel junger, Dein Beichtvater will ich wesen,
Bist Du ein junger Wölfing, vor mir magst Du genesen.
Da sagst mir viel von Wölfen, die laufen in dem Holz,
Ich bin ein edler Degen aus Griechenlanden stolz.
Meine Mutter heisst Frau Ute, eine gewaltige Herzogin,
So ist Hildebrant der Alte der liebste Vater mein.
Heisst Deine Mutter Frau Ute, eine gewaltige Herzogin,
So bin ich Hilclebrant der Alte der liebste Vater Dein.
Er schloss ihm auf seinen gülchien Helm und küsste ihn an seinen Mund:
Nun muss es Gott gelobet sein! Wir sind noch beide gesund.
Darauf reiten sie zusammen nach Bern zur Frau Ute, der sich
Hildebrant auch noch durch einen Ring zu erkennen giebt.
Es setzt nun auch das Volk noch immer seine Geschichte um, ob-
wohl die Sage längst durch Schrift, die Phantasie durch verständige
Beobachtung verdrängt worden: das ergiebt die historischen Volkslieder.
Wenn wie seit dem vorigen Jahrhundert in Deutschland die poetische
Kraft des Volkes hinsichtlich der Versbildung unter dem Druck des
Gedruckten, der Zeitungen u. s. w. erlahmt, so setzt sich doch die phan-
tasievolle Thatigkeit in der Geschichte noch immer in jenen Geschichten
fort, mit denen sich das Volk betrelfs seiner Lieblinge trägt. Prinz
Engen lebt noch im echten Sang und Klang: Prinz Erlgenius der edle
Ritter! Friedrich der Grosse hat eine ganze Sage wenn auch nur in
Prosa, er, der "alte Ph-itz", der alte Dessauer, Schwerin, Seydlitz und
seine Reiter, Ziethen und seine Husaren wie die Gegner Maria Theresia,
Laudon, Trenk mit den Panduren und Kroaten.
Alt-einfache Thiersage entwickelt sich unter günstigen Umstän-
den, meistens nach der Zeit des grossen Heldenepos, zum kunstvoller
gestalteten Gedicht. Doch stellt sieh eine solche ..Zeit dem Thier selten