Volltext: Populäre Aesthetik

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er sich mit der Angabe: man sah sie so recht recht herrlich gehn, stelm 
u. drgl." Er spricht über ihren Anstand, Muth, ihre Kräfte, statt diese 
sich selbst schildern zu lassen. Diese Allgemeinheiten drücken die 
Lebendigkeit. Dort aber, wo die Handlung bewegt wird, wo die deutsche 
Sinnigkeit oder Kampffreude sich entfalten kann, ist das Gedicht un- 
übertreiilich. 
Aehnlich wie Odyssee zur Iliade steht Gudrun zum Nibelungenlied. 
Doch hat leider kein Dichter des Meeres sie gedichtet; das Binnenland 
aber hat dem Sang der Nordsee nicht gerecht werden können; Gudrun 
hat viele Schönheiten, ist aber ein weit abgeblassteres Product. 
Aus dem grossen Culturepos, welches in reiferer Zeit sich neben 
das Heldenepos stellt, entwickelt sich die mehr und mehr behagliche. 
dem Heldenhaften sich entfremdende Anschauung, die sich in der Dich- 
tung als grösseres Lebensbild gestaltet und in die Idylle, in das Lebens- 
bildchen verlauft. Das herrlichste grössere derartige Lebensbild hat 
uns Göthe gedichtet. Auf grossem geschichtlichen Hintergrunde (nach 
der wahren Erzählung einer so schnellen Liebe eines jungen Bürger- 
solms und eines schönen Mädchens, aus der Zeit der Salzburger Ver- 
triebenen) führt uns der Dichter in Hermann und Dorothea das tüchtige 
Bürgerleben vor nach Glück und Unglück, Freud und Leid, Leben und 
Lieben mit Haus und Hof, Weib und Kind, Acker und Vieh, mit guten 
Nachbarn und Bekannten und was nun ein solches Leben nmschliesst. 
Für die kleinere Idylle, das Lebensbildchen, meistens des natürlichen. 
einfachen Volkslebens ist und bleibt Theokrit das beste Muster. Die 
Idylle lässt sich nun bald gegen das Heldenhaft-Epische wieder steigern, 
z. B. die Dioskuren in Theokrifs Idyllen, erträgt auch lebendige dra- 
matische Behandlung, lässt sich auch mehr didactisch gestalten oder 
mehr lyrisch. Doch können wir hier nicht allen einzelnen Ausläufern 
folgen und müssen uns mit den Hauptarten genügen lassen. 
Wenn das grosse Heldenepos verkümmert, schrumpft es wohl ein 
zum epischen Volkslied. S0 wird aus dem Hildebrantlied der alten Zeit 
der Volksgesang: 
Ich will zu Land ansreiten  sprach Meister Hildehrant, 
Der mich die WVeg' thät weisen gen Bern wohl in das Land 
Die sind mir unkund gewesen viel manchen lieben Tag, 
In zwreiundclreissig Jahren Frau Uten ich nicht gesach. 
Wie anders dies Gedicht gegen das alte Lied! Und doch 
noch vom alten Geist darin. Jenes schloss (es ist Bruehstück): 
weht 
Da liessen sie erst: die Eschen sausen 
Mit scharfen Schauern, dass sie in den Schilden Stunden. 
Dann stoben sie zusammen, die Steinborde klangen: 
Sie hieben hurmlich weisse Schilde  
Bis ihnen die Lindenscliilde klein geworden 
Guwiegt mit YVuHen   
	        
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