Volltext: Populäre Aesthetik

Epos. 
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Eber u. dergl. von dem und jenen Gott gesandt, wenn er durch Grösse 
und Wildheit sich gefürchtet machte, und meistens war es eine grosse 
Jagdgesellschaft, welche sich dann zum Kampfe aufmachte. Wo die 
Menschen städtisch beisammen wohnen, bleibt Thier Thier; wo sie 
einsamer mit Thieren leben, bekommen diese eine höhere Bedeutung. 
So wird dem Wäldler Bär und Wolf zum ebenbürtigen Räuber und 
Kämpfer, menschlicher aufgefasst zum Gegner voll Mnth, List, Rach- 
sucht, der Gedanken hat wie der Mensch selbst. Nicht bloss Jagd- 
geschichten bilden sich  die kommen immer vor und werden nie aus- 
sterben, so lange ein Jäger für sich durch List und Kühnheit mit dem 
Thiere streitet und nicht Alles in Treibjagd u. dergl. aufgeht  sondern 
der Thiercharakter und das Thierleben werden dichterisch behandelt 
und damit die Thiersage begonnen. 
Die Blüthezeit der Epik beginnt, wenn die dichterische Phantasie 
des Volkes Geschichte und Naturleben in Sagen und Mythen nach 
allen Seiten durchgearbeitet hat, wenn Fülle des Stolfes in ent- 
sprechender Form vorliegt, dann aber ein grosser Dichtergeist oder 
grosse Dichter kommen, den Stoß" umfassen und ihn kunstmächtig be- 
arbeiten. Liederreiche und liederfrohe Zeiten müssen sie tragen, be- 
geisterte, wie sie Homer schildert, wenn er erzählt, wie dem Demodokos 
die Hörer lauschen oder wie Beowulf meldet, dass sie beim Schmausg 
sassen und zechten:  
Da war Hall und Schall. Bald hub der alte Schilding, 
Der vielerfalirene, von fernen Zeiten an; 
Bald hegannein Held der Harfen Wonne 
Lustsam zu wecken, bald ein Lied zu singen 
Süss und schaurig; Geschichten erzählte bald 
Der Wahrheit gemäss der weitherzge König. 
Ein ander Mal hörten wir den altergebundenen 
Greisen Krieger von des Kampfes Strenge 
Der Blüthe melden, dass die Brust ihm schwoll, 
Wenn der Winter-reiche der Wagnisse gedachte. 
S0 sassen wir im Saale den sonncnlangen Tag. 
Den Genuss erneuend. 
In solcher Zeit werden nun sowohl die Göttersagen zusammenge- 
stellt und überarbeitet  doch kommen hier selten rein dichterische 
Absichten zur Geltung, sondern Religion und Priesterthum und die Philo- 
sophie, welche zu solchen Zeiten eben stattfinden kann, wirken auf die 
Bearbeitung der Göttersage, der Schöpfungserklärung u. dergl. ein  
als auch die Heldensagen, die Volksgeschichte. Eine Lieblingssage, 
ein Lieblingsheld oder mehrere Lieblingshelden haben sich über die 
Menge gehoben, sind vom Volk zu höchst gefeiert, am liebsten gehört, 
Sie werden der Kern. Denken wir dabei etwa an Zeiten, Wo die 
Nibelungen ihre jetzige Gestalt gewannen, weleh' hoher Kunstsinn und 
hohes Kilnstverständniss waltete. Die Zeit war vorüber, wo man aus 
Lemckey 
Aesthctik.
	        
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