Volltext: Populäre Aesthetik

Alliteration. 
Diesen" völlig gleichzukommen, daran ist natürlich nicht zu denken. 
Wir müssen uns in den rein-metrischen Maassen hart mühen, können 
aber niemals die Klangfülle gewinnen, welche dem Griechen so willig in 
seiner tönenden Sprache rloss. Unsere Endungen der Wörter sind nicht 
zu überwinden. Man nehme unsere Declinationen mit ihren ewigen 
„E"-Endungei1 und vergleiche damit die griechische; ebenso die Con- - 
jugationsendungen! Unsere antik metrischen Verse werden stets etwas 
Anderes, als sie bei den Griechen waren, indem wir mit der Betonung 
unserer Stammsilben operiren müssen, mit unsern stumpfen, tonlosen 
Wortendungen, vorzüglich mit den  meistens die Kürzen füllen, 
während der Grieche die Betonung völlig frei neben den Maassen und 
in den liiaassen erhielt. 
Wir haben im Deutschen andere Wege bei der Formbildung der  
dichterischen Sprache eingeschlagen. Wir begegnen dem Maasse der 
Hebungen: Hebung des Tons, Senken des Tons. Wenn im Anfang 
vielleicht diese Weise mit derjenigen der stammverwandten Griechen 
zusammenging, so gingen doch später die Wege weit auseinander. Der 
Grieche wog und maass die Klänge; wir wogen die Bedeutung des 
Worts. Nur die Hebungen hauptsächlich beachtend, warfen unsere 
alten Dichter auf sie das ganze Gewicht der Bindung des Verses. Eine 
seltsame Bindung jetzt für unsern gänzlich vcrwaschenen Sprachsinn. 
Zusammenhängend mit der Sprachbildung, für welche wir oben einige 
Ilindeutungen gegeben haben, wurde der Anlaut der Haupthebungen 
beachtet. Durch diesen wurde gebunden. In der Poesie der Allitera- 
tionsepoche finden wir einen Vers durch den gleichen Anlaut der 
Hauptbetonilngssilben, durch Stabreim zusammengehalten. Jede solche 
Langzeile zerfällt in zwei Hälften; gewöhnlich hat die erste Hälfte zwei 
gleiche Anlaute (Stollen), die zweite einen dritten gleichen Anlaut (den 
Hauptstab). Die unbetonten oder nur schwach betonten Silben können 
an Zahl verschieden sein. Alle Vocale gelten für gleich anlautend. So 
war ein Vers in sich verschlungen und fest zusammengekettet. Der 
Gedanke griff von einem zum andern Vers und einigte das Ganze, 
setzte die einzelnen Reihen in Fluss. Hören wir einige Verse aus unserm 
ältesten deutschen Gedichte. Hildebrand und sein Sohn Hadubrand sind 
zusammengetroifen an oder Grenze des von Hadubrand beschützten 
Landes. Vater und Sohn kennen sich nicht. Sie rüsten sich zum Karnpfe. 
Sunufatarungos iro Saro rihtun 
garutnn sc iro gudhamnn, gurmn sih irq stiert ana, 
llelidos, ubar hringa, do sie to dero lliltju ritun. 
Hiltibraht gimalhalta, 11er was lleroro man, 
ferahes frotoro; her fragen gistuont 
fohem wortuin, 
huuer sin fater wari fireo in folche. 
(In der Uebersetzung: 
Lcmckc, Aesthctik. 2'. Aufl.
	        
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