Volltext: Populäre Aesthetik

Metrum. 
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zwängenden Oäsur erwählt und zum sogenannten Alexandriner umge- 
stempelt. 
Es gilt auch hier wieder, dass, um das Ilacken der Worte in die 
lllaasse zu vermeiden, Wort und Versfuss nicht eintönig zusammenfallen 
dürfen und dass ferner innerhalb eines Verses wie in der Verbindung der 
einzelnen Verse jenes [neinanderschlingen stattfinden muss, über welches 
oben gehandelt worden. Ebenso ist leicht zu ersehen, wie ein Wechsel 
in den Casuren der einzelnen Verse geboten ist. Auch der Trimeter ge- 
stattet für einzelne Füsse ein Verändern der einzelnen Maasse, der Ge- 
brauch einer Länge für eine Kürze, die Auflösung einer Länge in zwei 
Kürzen. Es bildet sich hier das Schema (j; v; C; v; j; v; 
wodurch die lüinförmigkeit aufgehoben wird, welche sich im steten Fort- 
lauf des Jambus bemerkbar machen würde. 
Und welches Recht der Götter übertrat ich denn? 
NVie soll ich Arme nun noch zu den Himmlischen 
Aufschauen, wen um Hülfe Hehn? Erwerb ich doch 
Gotclosigkeit mir durch die That der Frömmigkeit! 
Doch wenn es also gültig bei den Göttern ist, 
WVerd' ich die Schuld erkennen, wenn ich sie gebiisst; 
Sind aber diese schuldig, mögen schlimmer nicht 
Sie büssen, als sie selber mir thun wider Recht. 
(Sophokles Antigone, nach Donner.) 
Wir haben es mit einem Fluss der Rede, einem Dahinströmen der 
Gedanken und der Sprache zu thun gehabt. Wir sahen darin eine Ge- 
genstellung. Aber wenn nun der Vers stärker in sich gesammelt werden 
durfte, wenn ihn der abgeschlossene Gedanke vielleicht kräftig in sich 
gefasst verlangte, dann begnügte sich der Grieche nicht bloss mit solchem- 
Hintereinanderstellen von Halbversen, sondern er liess das rein-symme- 
trische Princip in Geltung treten. Die Bewegung der Sprache, wie sie ge- 
stiegen, fällt sie. Nehmen wir etwa folgenden Vers ;VV;VV;, der 
,x uns schon aus dem ersten Halbvers des Ilexa- 
f) kg meters bekanntist. Zur besseren Versinnlichung 
J " Kg stelle man diese Maasse schräg aufrecht. 
[J kx Wenn wir einen solchen Redegang in der 
 umgekehrten Reihenfolge, wie er sich aufwärts 
bewegt hat, zurücksinlcen lassen, so haben wir einen streng symme- 
trischen Vers erbaut. Das gegebene Versmaass ist das des Pentameters, 
für den man darum auch wohl das bekannte Wort Schillers also U11]- 
deuten könnte: 
Wie 
der 
Pent-ameter 
fällt 
steigt, 
melodisch herab. 
Ein solcherVers hat sein festes Gefüge; 61' iSt in _sich beschlossen; dieses 
Steigen und Fallen bricht ihn gleichsam. Er 1st (Iaher für die laug- 
Hiessende Rede nicht geeignet, dagegen um so mehr für kurze, in sie]. 
beschlossene Gedanken; dann ist er ein Bändiger stark wallexiden Ge-
	        
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