Volltext: Populäre Aesthetik

Grundbedingnngen. 
in 
Einheit 
der Mehrheit. 
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Gelingt dies nicht, so sind wir erdrückt und liegen gleichsam im 
Staube vor dem Heber-mächtigen. Das einzige Mittel dann ist nicht 
Kampf, sondern Unterwerfung und liebevolles Demüthigen, um wieder 
zu einer Beruhigung zu kommen. 
Die Ordnung nun, der gemäss ein Ding entsteht und erscheint, 
ist sein Gesetz. Die in ihrer reinsten Gesetzmässigkeit sich zeigende 
Idee in der Erscheinung nennen wir Ideal. z, i 1.. i   r- '55  i 5  
Was die Wahrnehmung durch die Sinne selbst anbelangt, so 
genüge hier die Hinweisung auf die Wichtigkeit der Erkenntniss der 
sinnlichen Vorgänge, z. B. des Sehens und" Hörens nach der physica- 
lischen wie physiologischen Seite. Bewegung, Lieht, Klang, die "Phä- 
tigkeit des Sehens und Hörens  das Alles giebt die erste Grund- 
lage für die ganze ästhetische Tlhätigkeit ab. Das wissenschaftliche 
lilindringeii in diese Fragen giebt uns deshalb die wichtigsten Auf- 
schlüsse über die Art und Weise unseres ästhetischenAuffassens und 
Urtheilens. Dieses wird durch jene Untersuchungen an sich nicht ver- 
ändert, sondern nur erklärt. [Grade nach dieser Richtung ist in den 
letzten Decennien auch für die Aesthetik das Bedeutendste geleistet 
worden und hat dieselbe vielfach das Gepräge dieser naturwissenschaft- 
lichen Untersuchungen erhalten]  
Ein ganz einzelner Eindruck giebt nur eine Anregung der Thätig- 
keit. Zum Erkennen gehört mindestens eine Zweiheit. Erkennen ist 
ein Unterscheiden; es wird Etwas von einem Anderen unterschieden, 
iladurch erkannt. Eine absolute Einheit kann also auch nicht gefallen. 
Nur durch Zusammensetzung entsteht eine Form, und nur mit Formen 
hat es die ästhetische Empfindung zu thun. (Der mathematische Punkt 
ist formlos, die Linie hat Ausdehnung, giebt schon eine Mehrheit 
durch die Bewegung des Punktes, durch die entgegengelagerten: 
Anfang und Ende, durch das Oberhalb und Unterhalb u. s. w.; der 
Ton ist eine Zusammensetzung von Schwingungen, ebenso das Licht 
u. s. W.) Von den Formen selbst noch abgesehen, sondert jede Formi 
schon an sich das Geformte gegen ein Anderes ab. Es ist also eine! 
Mehrheit, Vielheit oder Mannigfaltigkeit nothwendig schon 
zum Unterscheiden, somit zum Wohlgefallen. Damit aber die Mehr-l 
heit, Vielheit nicht stets als Einzelheit, jede für sich, erscheine, ini 
welchem Falle sie ja niemals zur ästhetischen Empfindung kommen  
könnte, muss das Ganze eine Einheit durchwalten, durch welche es  
begriffen wird. Ohne solche Einheit giebt es _kein_ Begreifen, keinen 
Begriff. Begriff ist geistige Einheit. Was wir nicht einen können, 
fallt für uns in das Vernunftlose, das unserer Natur widerspricht, 
welches in der Erscheinung für uns in's Hässliche fallen muss, Wir 
zerfallen selbst, wenn dies "nicht einen können" auf wichtige Lebeiis- 
gebiete sich erstreckt, z. B. auf die Anschauung vom Leben, von der 
Vvelt, von Gott  s_ w,  Wir müssen also Alles auf eine Einheit 
31!
	        
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