Volltext: Populäre Aesthetik

Die 
Oper. 
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und 
"Dort legt ein Fischer den Nachen an" 
"Hörst Du das Hifthorn? Ilürst Du's klingen, 
Mächtigen Rufes, durch Feld und Hain  
sind ganz Gesang, wozu schon die ferne Jagd mit ihren Hörnern sowohl 
die Unruhe. als die Weichheit, als zum letzten Vers die mächtige Kraft 
giebt. [Schiller ist zu diesen Stellen, in der Jungfrau von Orleans des- 
gleichen, angeregt durch die Lyrik des griechischen Chors] 
Es wird so viel über die Opern jetzt geschrieben, über ihre Texte 
u. s. w. Mich dünkt, man könnte an solchen Beispielen Manches lernen. 
Es geht freilich auch hier, wie mit dem Bemalen plastischer Werke. 
Man müsst es "können". Wer solche Scenen richtig und gewaltig com- 
poniren könnte, Wer solche Worte gewaltig singen könnte, die müssten 
uns in einer Weise erschüttern, wie nur Aeschylus und Sophokles je ihr 
Publikum erschüttert haben. Aber von ihnen müsste man lernen, um 
in dieser Weise eine schöne Verbindung von Poesie und Musik zu bewirken. 
Bei den angegebenen Arten herrschte die Rede über den Gesang 
vor. Bei der Oper kehrt sich das Verhältniss um. Hier fallen nur zu- 
weilen Parthien in die Rede. Entweder geschieht dies in Folge der Be- 
nutzung des daraus entspringenden komischen Elements, wie nach dem 
Oben Gesagten leicht ersehen wird, oder es werden durch die Rede die 
für Gesang sich schlecht eignenden und doch dem Ganzen nothwcndigen 
Parthien ausgedrückt, z. B. die für die Weiterführung der Handlung 
nöthigen Stellen, in welchen kein liedartiges In-sich-Verweilen möglich 
ist. Wir brauchen uns nur an das oben Gesagte zu erinnern, um zu 
Sehen, dass dann eine gehobene Rede verlangt wird, damit das Ganze 
nicht ans dem Stil falle. Diese gehobene musikalische Rede giebt das 
Recitativ. Es ist hinsichtlich desselben aber darauf aufmerksam zu 
machen, dass das vollständig als Gesang behandelte Recitativ den Nach- 
theil gegen die gehobene Rede hat, dass es nur zu leicht schleppend 
erscheint. Es soll kräftig weiterführen, darf also am allerwenigsten in 
sein Gegentheil fallen und verzögern. Darum muss es einen inhalts- 
schweren, vorwärtsführenden Text haben und dieser muss einer leiden- 
schaftlichen Behandlung gerecht sein, oder das Recitativ wird schwer- 
fällig und langweilig. 
Häufig wird aber diese, wenn geschickt angewandte, mächtige 
Hülfe der Rede verschmäht und die ganze Oper so viel wie möglich auf 
liedartigen Gesang angelegt. Da nun aber jedes derartige Gesangstück 
in sich Geschlossenheit verlangt, so wird eine solche Oper in ihren cin- 
zelnen Gliedern leicht auseinanderfallen, wenn nicht die Musik sie fest 
Zusammenhalt und die Idee und Anordnung des Ganzen doch eine feste 
Einheit herstellt. Eine solche Oper ist wie eine Perlenkette. Glänzt 
nicht Perle an Perle, sitzen sie schlottrig auf einem werthloscn Eaden, 
So dass dieser roh hindurchsieht, so ist die Kette unschön.
	        
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