314
Die Tonkunst.
gewählt. Bei uns sind die folgenden geltend mit folgenden Verhält-
nissen: Die Quinte, im Verhältniss von 2: 3, d. h. zwei Töne stehen im
Verhältniss der Quinte, wenn der höhere drei Schwingungen macht,
während der tiefere zwei macht; die Quarte im Verhältniss von 3: 4;
die grosse Terz 4: 5; die kleine Terz 5: 6; die grosse Sext 3: 5; die
kleine Sext 5: 8. -
Was aber die Tonlehre anbelangt, so müssen wir auf die betreffen-
den Werke verweisen. Bei manchen der folgenden Bestimmungen be-
ziehen wir uns hauptsächlich auf A. B. Marx, und zwar auf dessen
treifliche Musik- und Compositionslehre.
Der einfachste Wechsel beim Tone geschieht durch sein Erschallen
und Aufhören. Er entsteht in der Zeit und verstummt wieder. Seine
Zeitdauer nun heisst seine Geltung. lärschallt eine Reihe von Tönen
bestimmter Geltung hintereinander, so kann in ihrer Aufeinanderfolge
sich eine bestimmte Ordnung zeigen. Ein Gesetz, eine Ordnung der
Zeitfolge ist der Rhythmus. Ohne eine solche Ordnung und ohne be-
stimmte Geltung der Töne haben wir eine unrhythmische Reihe. Diese
Geltung eines Tones kann auf eine bestimmte Zeit bezogen werden; sie
kann aber auch auf die Töne untereinander gehen, wo dann nur be-
stimmt wird, dass der eine Ton ein, zwei, drei Mal n. s. w. so lang oder
kurz gehalten werden soll als ein anderer. Das allgemeine Maass giebt
das Tempo, welches bestimmt, in welcher Geschwindigkeit die ganze
Reihe, die unter sich im festen Verhältniss bleibt, genommen werden
soll. Wie die Töne, so sind auch die Pausen zwischen ihnen durch jene
Messungen bestimmt und ordnen sich ebenso dem Tempo unter. Eine
Reihe von Tönen verlangt wohl dem uns innewohnenden Ordnungs- und
Uebersichtssinn gemäss eine Gliederung. Eine solche giebt der soge-
nannte Tact, wonach das Ganze in eine Anzahl gleich grosser Theile
zerlegt wird. Innerhalb dieser strengen Ordnung starrer Einheit kann
und muss oft wieder ltlannigfaltigkeit herrschen.
Durch die Art und Weise der Zeitfolge allein lässt sich eine be-
deutende Wirkung erzielen. Es wurde das Aufregende des Geräusches,
Klanges, Geschreis u. s. w. angeführt. Lebendiges trifft Lebendiges und
ein Mitleiden, im weitesten Sinne des Wortes, ist die Folge. Bewegung
erzeugt Bewegung, wie anders auch als die erregende die erregte er-
scheinen mag. Tact, Tempo, Rhythmus des Schalls erweckt nun abe1'
ein ähnliches Mitleiden; es versetzt in entsprechende Art der Bewegung
durch die körperliche Erschütterung; die Regelmässigkeit des Rhythmus
überträgt sich und lenkt und beherrscht also auch in gewisser Hinsicht
dasjenige, worauf es Eindruck macht. Bekannt ist, wie der Eindrucks-
empfängliche Mensch unter der Macht des Rhythmus steht, wie er ihn
liebt. Er regelt, so viel er kann, nicht bloss die Töne darnach, wo er eine
Beihe hintereinanderfolgender hört, sondern er bewegt sich selber gern
m1 Rhythmus und schafft ihn in Tönen. Man hört einen solchen in