Allgemeines.
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das Geistige innere und äussere Zustände erfasst. Es wird Ausdruck
des Gedankens. In der Sprache trifft das Sinnliche und das Geistige
Zusammen. Als tönender Ausdruck gehört sie durchaus dem Allge-
meinen, dem Gefühlszustandc an; durch jeden Ton an sich, der nicht
in der menschlichen Sprache ein besonderes Leben erhält, kann nur ein
Zustand, eine Stimmung, niemals ein bestimmter Gedanke ausgedrückt
werden. Instrumentalmusik kann darum niemals einen klaren Gedanken
aussprechen. Die Granze in der Sprache zwischen dem Ausdrucke des
Zustandes und des begrifflichen Erfassens lasst sich nicht genau angeben.
Wir wollen hier nur im Allgemeinen aufmerksam machen, wie ihr
musikalisches Element, Klang, Rhythmus u. s. W. den Ausdruck der
Stimmung verkündet. Mairvergleiche z. B. ein unverständiges Nach-
beten mit der bewegten, im Klang und Rhythmus sich äussernden
Sprache der 'l'rauei' oder des J ubels.
Die Granze des Tonreiehs, der Ton als blosser Ton gefasst, wie
dies in der Tonkunst geschieht, reicht vom Ausdrucke des dumpfen,
schlafenden Körperlebens bis an den Ausdruck der bestimmten Empfin-
dung in der Sprache.
Im allgemeinen Theil ward die Einwirkung des Schalllebens auf
den Menschen berührt. Wir sahen dessen anregende Wirkung, welche
sich bis zum Uebermaass steigern kann. Das Stumme hat für uns etwas
Todtes; wo wir Schall und Klang verlangen und nicht hören, wird der
Eindruck des Widernatürlichen hervorgerufen. Das Ueberlaute dagegen
erdrückt und betäubt. Der Ton, der Klang ist erfreulich; Bewegung,
Leben ist darin ausgedrückt und findet Sympathie bei uns. Wie wir
auch hierin gleich ordnen, wie wir am reinen Ton und Klang und deren
Ordnung Wohlgefallen haben, ist schon in der Definition des Tones
gezeigt.
Auch die Tonknnst beruht wie jede Kunst auf dem Ordnungs- und
Freiheitsgefühl der Menschen. Dessen schöne Durchdringung giebt das
Kunstwerk.
In der fortlaufenden Reihe der nach ihrer Höhe und Tiefe be-
stimmten Töne hat man gewisse Stufen gebildet. Jede Stufe ist nach
gewissen Verhältnissen in sich wieder getheilt. Aus ihnen wird der
ganze Bau des Tonwerks errichtet. Die Ordnung, durch welche man
die Töne der Musik bestimmt, ist weder zu allen Zeiten, noch bei allen
Völkern dieselbe gewesen; die unsere ist eine aus einer Reihe von Ge-
setzmässigkeiten erwählte Ordnung, nicht die einzige oder gleichsam die
Ur_O,.dnung_ Wir haben die siebenstuiige Tonleiter im Gebrauch. Die
Octave bildet hier die Hauptordnung; sie wird gebildet durch zwei Töne,
die in ihren Schwingungen im Verhaltniss von 11 2 stehen, d. h. von
denen der eine doppelt so viele Schwingungen macht, wie der andere.
Innerhalb dieses Verhältnisses werden nun unter den vielen Tönen, die
dazwischen liegen, Töne von anderen bestimmten Verhältnissen heraus-