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Sisyphus lebt in den Philosophen fort. Seit Jahrtausenden wälzen
sie ihren Stein. Aber wenn man meint, derselbe wäre nun auf den
Gipfel geschoben, um dort zur Ruhe zu kommen, so dass auch sein
Bewältiger sich der gelungenen Arbeit in Musse erfreuen könnte, dann
heisst es wieder:
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tilckische Fels ihm.
Vor mehr denn zweitausend Jahren hat Plato das Schöne, um bei
der Philosophie der Aestlietik zu bleiben, ausführlich behandelt. Wie
viele Gelehrte sich, namentlich in den letzten Jahrhunderten, nach ihm
mit demselben beschäftigt haben, ward wenigstens angedeutet. Und
nun lesen wir in einem der jüngsten ästhetischen Werke, dem schon
angeführten von K. Köstlin: "Man kann sich des Eindrucks nicht
erwehren: zu einer gedeihliehen, nach Inhalt und Form wirklich be-
friedigenden Entwickelung hat es die moderne Aesthetik trotz der Fülle
von Geist und Fleiss, welche auf sie gewendet ward, trotz des gross-
artigen Aufschwunges, welchen sie im Beginn ihres Laufes nahm,
nicht gebracht." Und auch Robert Zimmermann schliesst die Vorrede
zu seiner Allgemeinen Aesthetik als Formwissenschaft (Wien 1865)
mit den Worten: „Wenn daher nach einer neuestens beliebt gewor-
denen Meinung in der Philosophie nun einmal "geirrt" sein muss, so
möchte der Verfasser für seine Person am liebsten mit Herbart geirrt
haben."
Also wälzen auch wir unseren Stein, so gut wir können. Leben
ist Streben. Was kann man mehr als streben?
Das Schöne ist die Idee in der Erscheinung. Das Schöne ist die
Verschmelzung des Realen und Idealen. S0 lauten die gebräuchlichsten
lilrklärungen der Aesthetik.
Wäre die Erklärung der Idee nicht so schwierig, wie die Er-
klärung des Schönen selbst, und ebenso, wären nicht das Reale und
Ideale Begriffe, die noch immer einen Vorwurf für die Streitigkeiten
der wissenschaftlichen Welt bieten, so uliirde an diesen Definitionen