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Lfalerei.
Die
dern wohnt Frieden." Ich meine, auch wohl das landschaftliche
Stimmungsbild ist dem Meister damals aufgegangen. Wäre er nicht ein
Greis gewesen und mit Arbeiten überladen, so hätte ein öfterer Besuch
der Wlalder uns leicht zeigen können, wie der gewaltige Mann das neue
Werk angegriffen hatte. Die Kunst der Landschaftsmalerei Wartet-e, bis
Nicolas Poussin kam und Gaspard Poussin und Claude Lorrain dessen
Werk und die Vorarbeiten der übrigen Meister, wie Lionardo da Vinciis,
Giorgiones, Tiziaifs, Rafaefs u. A. aufnahmen und dieselben auf einen
Höhepunkt führten; im Norden waren es dann vorzugsweise die Hol-
länder, welche in unübertrefflichen landschaftlichen Stimmungsbildern
in herrlichstem Wettkampfe mit den mehr formschönen Werken der süd-
lichen Kunst gleiche Siege errangen. In raschem Anlauf ward im
17. Jahrhundert die Landschaft der Kunst gewonnen und zwar in einer
Weise gewonnen, dass ein Poussin, Claude Lorrain, Ruysdael, um nur
diese grossen Namen zu nennen, auch heute die herrlichen Muster bil-
den und Poussin an Grossartigkeit des Aufbaues, der Linienführung,
des hohen Stils mit einem Worte, Ruysdael an Kraft der Stimmung und
Durchdringung der Natur, Claude, der Lothringer, an harmonischer
Verschmelzung jener Eigenschaften noch nicht übertroffen sind.
Es ist hier nicht der Ort, auf das Einzelne der Landschaftsmalerei
einzugehen, so sehr man sich auch versucht fühlen möchte, das Ver-
dienst dieses in unseren Tagen wieder init so schönen Erfolgen ge-
pflegten Zweiges der Malerei hervorzuheben und zu schildern, wie weite
und herrliche Gebiete sie uns erschlossen hat, wie nöthig sie uns ge-
werden ist, die wir einen so grossen Theil des Lebens in Städten ver-
bringen und selbst auf unseren Reisen kaum noch den frischen, be-
lebenden Hauch der Natur verspüren. Nur wenige Worte über die
eigenthümliche Poesie der Stimmungslandschaften. Wer Sinn für
Schönheit der Formen, trefffliche Composition und Harmonie der Farben
hat, wird bei einem Poussin oder Claude nicht lange fragen, worin denn
dieser eigenthümliche Reiz begründet ist, selbst wenn er von dem tiefen
Naturgefühl, das in ihren Werken liegt, absehen und ihre Kraft der
Stimmung ganz vergessen wollte (Fig. 48). Aber da ist ein Bild von
Ruysdael: eine fiache Gegend; in der Mitte ein paar Baume, rechts Busch,
dazwischen zieht sich ein Weg aufwärts, über welchen ein Dach hervor-
ragt; links flaches Feld, am Horizonte sieht man eine Kirche und einige
Ilatisdächer; ein wolkiger Himmel darüber was ist es denn, was
uns so gar gewaltig in solchen einfachsten Landschaften fesselt? Ihre
Schönheit, ihren ewigen Reiz bildet nebst dem hohen malerischen Kön-
nen die Ursprünglichkeit, diese Naivetät in der Naturanscliauung, wie
sie bei einem Meister, der das sorgfältigste Studium darauf verwandt
hat, kaum für möglich erscheint. Da ist keine Absichtlichkeit, nicht die
geringste Verbildung. Es ist eine Originalität, wie sie nur die begab-
testen Geister haben, welche die Natur wie mit Kindcsaugen anschauen