malerische
Die
Darstellung
der
unbesecltcn Natur
etc.
391
Zusammenstellung mit anderen Dingen und unter eigenthümlichcn Auf-
fassungen, seelischen und lichtartigen, kaum ein _Ding giebt, was nicht
hohen Reiz hat und in seiner Art schön erscheinen könnte, so sieht man,
wie unbegränzt sein Reich ist.
In allen Fällen kann der Maler entweder die Objecte mehr in der
Weise der Plastik behandeln, indem er die ihnen eigenthümliche Schön-
heit im Auge hat, von dem Seinigen aber nichts durch eigenthümliche
Stimmung und Auffassung und Zusammenstellung hinzu thut, oder er
kann hauptsächlich durch die Stimmung, welche er verleiht, wirken.
Eine völlige Objectivität ohne alle Subjectivität des Künstlers ist
natürlich nicht möglich, eine völlige Subjectivität ohne objective Wahr-
heit ebensowenig, wenn ein schönes Kunstwerk entstehen soll. Wir
haben gesehen, wie in Farbe und Beleuchtung de1' Subjectivität der
grösste Spielraum gelassen ist. Nun kann man wahrnehmen, dass der
von schönen Formen umgebene Künstler zur plastischeren, der nicht so
begünstigte zu der eigentlich sogenannten malerischen Behandlung hin-
geführt wird. In Rom und Florenz ist nicht umsonst die Zeichnung, die
Form, in Holland die Farbe vorherrschend gepflegt worden, während
wir z. B. in Venedig eine Vereinigung von Form und Farbe finden.
Der Künstler, welcher an Gebirgs- oder sonstigen Massenlinien, an so
schönen Formen, wie sie die römische Campagna zeigt, seine Blicke
übt, bekommt dnen ganz anderen Formensinn, als wer in einer flachen,
durch Waldung weichen Landschaft lebt. Es macht einen Unterschied,
ob ein Münchner Künstler südwärts auf die Berglinien schaut, oder ob
er nordwärts in Haide und Moor wandert und hinausschatit und sich
nur an der Farbengluth darüber und den seelischen Stimmungen des
Einsamen, Melancholischen vollsaugt. Wer keine Formen" sieht, wie
sie Berg, Fels, Schlucht bildet, wie z. B. der Niederländer, dessen
Blick gewinnt nicht die Formenfreude; er bekommt keinen Formensinn
wie der Römer; der Aufbau, der Zug der Linien, das mehr plastische
Element ist nicht seine Sache. Sein Künstlerauge aber, in freier Gegend
stets den weiten Hiinmelshorizont umfassend, stets Luft, Wolken, Nebel,
Dünste die Beleber der flachen eintönigen Gegend beobachtend,
bekommt ein Farbenverständniss, eine Feinheit für die leisesten Ab-
stufungen und Mischungen des Lichts und der Farben, dass er darin
den Formgebildeten soweit übertrifft, wie dieser ihn an Formensinn.
Formbildei- und damit grossartige Composition, schöne Linienführung,
kräftige aber weniger verschmolzene, härter abgetönte Farbengebung
auf der einen Seite, auf der anderen verschwimmende Formen, kein
Auge für Linien, für den Knoehenbail so zu sagen, dahingegen Farben-
verständniss, unübertredliche Verbindung derselben, kurz dort zuhöchst
eine Zeichnung Michelangelos und Rafaels, hier das Colorit Rembrandts
und Ruysdaels. Es ergiebt sich von selbst daraus, irvarum gute Sgemalef
treifliche Coloristen sind. Nehmen wir zwischen einen Michelangelo und