Darstellung der
Die malerische
unboseoltcn
Natur
etc.
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Die Malerei hat die ganze Erscheinungswclt für die Kunst geöffnet.
Wir sahen, wie der Plastiker auf die reine Schönheit, auf das Ideal hin-
gewiesen ist. Der Maler ist in seiner Art fast so frei wie der Dichter.
Nur das Absolut-Plassliche, Böse, Verzerrte, das Hässlich-Furchtbare
in allen seinen Schrecken ist ihm nicht erlaubt; da fehlt ihm die Macht,
dasselbe aufzulösen. Ekel darf er uns nicht erregen und widriges
Grausen soll er nicht erwecken. Wohl aber darf er das Furehtbare an-
wenden, wenn er den Ekel vermeidet. Das Schreckliche, Ungeheure,
Tragische, Erhabene, Schöne, Liebliche, Kleinliche, dann, namentlich
unter komischen Gesichtspunkten, das ganzeiGebict des Alltäglichen
und Niedern in Allem kann er frei schalten und walten und vom
Idurchtbarsten und Schaurigsten bis zum Neekisehsten unsere Empfin-
dungen führen. Der Maler lasst die Verdammten zdr Hölle sausen und
darin knirschen; die Gräber thun sich auf vor ihm und zeigen die
Todten; er schildert Schmerz, Marter, Tod, Verzweiflung aber die
angegebene Gränzc muss eingehalten sein. Sehindereien, wie die Marter
des h. Bartholomäus von Ribera, Gestalten, welche Ekel erzeugen und
in fauliger Verwesuug starren, die übertriebenen Marterrohheiten und
ihre wahnsinnigen Brutalitäten sowie das Wahnsinnige als solches im
Allgemeinen, die ganze Verzuckung und Verzerrung der Empfindungen
und des Lebens, das ist so wenig sein Reich, als es überhaupt in die
Kunst gehört. Es ist schon ein wahrer Jammer, dass die lliartyrergc-
schichten eine solche Unzahl von Gemälden haben entstehen lassen, bei
denen das Grausige des Gegenstandes die Darstellung überwiegt, b_ei
denen wir weder einen tragischen, noch traurigen Eindruck, sondern
nur einen entsetzlichen bekommen. Und obendrein all die Tröpfe mit
Seelen, die Freude daran gehabt zu haben scheinen und gleichsam ihre
Henkerlust unter solchen Vorwürfen austoben konnten! die ihre Un-
geschickliehkeit und Pocsielosigkeit hinter diesen Sehaffotlarven und
Fetzen verstecken.
Was die Darstellung des Niedern betrifft, so verweise ich auf das
im allgemeinen Theil Gesagte, sowie auf das Gapitel vom Komischen.
Bei der Betrachtung der Genremalerei werden wir Gelegenheit haben,
noch einige Einzelheiten in's Auge zu fassen. Im Uebrigen haben die
allgemeinen Bestimmungen über die Empfindungen auch in der Malerei
vollständige Geltung.
Die-malerische Darstellung der unbeseelten Natur,
Thierischen und. Menschlichen.
des
Man macht
scheidet Blumen
eine Menge Eintheilungen in der Malerei. Man unter-
und Fruehtstücke, das sogenannte Stillleben, Archi-