Volltext: Populäre Aesthetik

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zuweisen. Man betrachte ein gleichmässig beleuchtetes Gesicht und 
man sieht, welche Feinheit und Schärfe dazu gehört, diese leichten 
Nüancirungen zu erkennen und gegenständlich zu machen, namentlich 
wo eine verschwommene Gesichtsbildung wiederzugeben ist. Aber des 
geschickten Künstlers Hand folgt hier sicher und leicht seinem Auge; 
wo der Plastiker, der den Stein zu bearbeiten hat, Verzweifeln möchte, 
kann der Maler gleichsam spielend nachbilden, wenn er nur das schwie- 
rige Sehen erst gelernt hat. 
Ebenso sicher muss sein Auge sein für das zarte Verschwimmen 
aller F arbentöne, man möchte sagen, für die Dichtigkeit der Luft. Das 
Verdämmmern, Nebligwerden durch die Ferne, dieses ganze duftige, 
schwierige Reich der Luftperspective, wo schon der Ton, in dem die 
Dinge erscheinen, ihre Entfernung anzeigt, die Wirkungen verschiedener 
Lichter und Schatten in einander, all' das muss der Maler im Gefühl des 
Sehens haben. Nicht zum kleinsten Theil hängt hiervon der einheitliche 
Character seines Werkes ab. Ein Lichteifect wird nämlich meistens 
in einem Bilde vorherrschen und über das Ganze einen einheitlichen 
Schimmer werfen. Fehlt eine solche Liehteinheit, so bekommen wir 
einen unruhigen Eindruck. 
Wir sahen bei der Plastik die Schwierigkeit des Ausdrucks mancher 
seelischen Empfindungen. Das Erbleichen, Erröthen u. (lrgL, dann der 
Schimmer des Seelenspiegels, des farbigen Auges, die eigenthümliche 
Formbildung mancher Affecte durch Anschwellen der Adern und des 
feinen Geäders, durch Runzeln oder sonstige Falten und Fältchenbil- 
dung der Haut u. drgl. liess sich gar nicht oder nur schwer wiedergeben. 
Hier tritt nun die Malerei mit Voller Kraft ein, wie nicht weiter aus- 
einander gesetzt zu werden braucht. Mit der Farbe folgt sie leicht dem 
Atfeet; scharf aufmerkend weiss sie leicht seine Zuge, treffend seine 
Farbe wiederzugeben. Sie kann das Antlitz verdüsteru, erhellen, kann 
das Auge funkeln lassen, es matt, umwölkt, glanzlos bilden; die Röthe 
des Zorns, das Anschwellen und Färben der Adern, das Erbleichen durch 
Scham, die Blutleere der Furcht sind ihr ein Leichtes wiederlflgebßn- 
Gerade das Antlitz als Seelenspiegel mit dem Auge, darin die inneren 
Empfindungen ihren lebhaftesten Ausdruck zeigen,  wird also einen 
Hauptvorwurf für die Malerei bilden. Ich brauche nicht hervorzuheben, 
Wie sehr diese Fähigkeit, die Aliecte auszudrücken, darauf lllnweist: 
eine Vielheit von Personen durch dieselben zu verbinden. Hier tritt 
das Gegentheil von der Plastik ein. Darin ist eine Einzelgestalt Haupt- 
aufgabe, und wir nannten es ein Drängen iIVS Mßlerlsche, Wenn eine 
dramatische Gruppenbildung versucht wird; jetzt Sehen wir, WOPiH 
dieses Malerische begründet ist. Aber auch 1116 59616111086 Welt Weiss 
die Malerei in ähnlicher Weise zu ergreifen. Hier wirkt sie durch Licht 
und Schatten und durch die Farbe. Wir brauchen uns nur zu erinnern, 
einen wie verschiedenen Eindruck ein und derselbe Gegenstand durch 
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