Volltext: Populäre Aesthetik

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Die Empfindungen. 
befriedigend, was ausser dem Genusse nichts einbringt, das der Rede 
werth wäre". Wir nennen eine Blume schön, 0b sie unser Eigenthum 
ist oder nicht. Wir sind befriedigt durch ihr Anschann; Form und 
Farbe gefällt uns; folglich nennen wir sie schön. Ob ein Pferd schnell 
laufen kann oder nicht, brauchbar durch Zureiten ist oder nicht u. s. w., 
das Alles wissen wir vielleicht nicht, aber wenn wir es wohlgebaut er- 
blicken, nennen wir es schön. Vom sensnalistischen Standpunkte 
wird besonders auf das Kind verwiesen, welches noch durchaus keine 
Nebcnvorstellnngen beim Wohlgefallen des Schönen hat. Licht, 
Farbe, Klang erfüllen es mit wohlgefälligen Empfindungen. Der Ge- 
sang der ltlutter besänftigt es, der funkelnde Stern, die bunten Blumen, 
Klänge erfreuen seine Seele und vermögen es aus einer ilnharnionischen 
Stimmung in eine harmonische zu versetzen. 
Doch braucht für das Rein-Wohlgefallige des Schönen nur auf 
seinen Unterschied vom Guten, sowie vom Wahren verwiesen zu 
werden. Sehe ich auf die Schönheit allein, so ist dabei die Güte, also 
das Erstrebungsxrürdigc oder das Gute für bestimmte Zwecke, also 
Nützliche, ausgeschlossen; ebenso hat das Schöne an sich nichts mit 
dem Wahren zu thun, die Harmonie der Empfindung mit der Befrie- 
digung unserer untersuchenden Gedanken. Es kann natürlich das 
Schöne auch dem Begehren ilnterworfen werden; es kann ferner ebenso 
wahr wie gut, also nützlich für das Erkennen sein; ein Ding mag nach 
allen Richtungen, nach Schönheit, Wahrheit, Güte, ausgezeichnet sein; 
an sich ist das eine nicht mit dem andern verschmolzen. Die Beurtheilung, 
welche das Schöne nicht vom Standpunkte des Schönen zu erfassen 
vermag, sondern stets vom Standpunkte des Wahren oder des Gilten 
oder des Wahren und Guten urtheilt, ist eine ästhetisch verkehrte. 
Keine Nützlichkeit, auch keine Vollkommenheit, soweit solche durch 
das Urthcil des Verstandes erkannt wird, kommt an sich beim Schönen 
in Betracht. Fragt man nach der Schönheit eines Menschen, so ist 
nicht die Frage nach seiner Güte, Brauchbarkeit, Erkenntnisskraft, 
Klugheit u. s. w.  Man hat es nur mit seinem "Schein" zu thun, nicht 
mit seinem Wesen oder Handeln. Das Schöne bezieht sich auf den 
Schein, auf die Erscheinung, auf die Form, wie dieselbe zu Tage tritt. 
Zum reinen Wohlgefallen ist eine Uebereinstimmung zwischen 
Snbject und Object nothwendig; andernfalls kann nicht der Eindruck 
des Schönen erzeugt werden. Eben eine solche Harmonie bewirkt ein 
Anziehen, ein Hinstreben, ein Lieben des Schönen. Den Gegensatz 
bewirkt das Hässliche. Es missfällt, es widerstrebt; statt eines Wohl- 
gefallens bringen wir ihm Missfallen, Widerwillen, Ekel entgegen. 
Der Gegensatz mit unserem innersten Wesen hinsichtlich der Empfin- 
dungen tritt darin zu Tage. Das Schöne und das Hässliche bilden 
gleichsam die Pole unserer Empfindungen nach Anziehen und Ab- 
815058611; jenes giebt das Maass wie das Ziel unserer ästhetischen Kraft;
	        
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