Volltext: Populäre Aesthetik

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Malerei. 
Die 
jede Unwahrheit wirkt auch ästhetisch verletzend. Jedes Gemälde soll 
darum von einem Standpunkte aus berechnet, perspectiviseh richtig 
sein. Der Künstler, der z. B. mehrere Gruppen in einem Gemälde bildet, 
von denen- jede ihren eignen Standpunkt verlangt, giebt eigentlich 
mehrere Acte eines Werkes, überschreitet also, wenn er sie, tingeschie- 
den durch Rahmen u. dgl. doch zusammenstellt, die Gräuze des Ma- 
lerischen, indem dieses an sich ein Gleichzeitiges im Raume darstellt, 
während durch den Wechsel des richtigen Augenpunktes ein Nach- 
einander bedingt ist. Umstände können ihn nun dazu drängen, diesen 
Fehler zu begehen. Wenn es z. B. gilt ein g1'osses Bild zu entwerfen, 
dessen Einzelheiten auf einen nahen Standpunkt berechnet sind, weil 
vielleicht die geringe Tiefe des Raumes, etwa eines Zimmers oder einer 
Halle nicht erlaubt, so weit zurückzutreten, um eine durchaus einheit- 
liche Anschauung zu gewinnen, so wird der Maler sich leicht bewogen 
finden, die strenge Einheit zu opfern und Vielleicht für jede grössere 
Gruppe einen eigenen Standpunkt anzunehmen. Wo er sehr grosse 
Flächen, z. B. eine grosse Kirchendecke und Wand mit einem Gemälde 
schmücken soll, wird er meistens zu einer solchen Behandlung gezwun- 
gen sein, weil hier die Uebersichtlichkeit von einem Standpunkt aus oft 
kaum möglich oder unmöglich zu erreichen. Der Maler überschreitet 
also, wenn er die einheitliche Perspective nicht einhält, streng genom- 
men, seine Gränzen und verfällt ins Dramatisch-poetische, wie er bei 
einer langen Friescomposition, der wir Schritt für Schritt folgen müssen, 
episch wird. Die Frage, wie gross ein Gemälde sein dürfe, ist daher 
so zu beantworten, dass es so gross sein dürfe, als es in seinen schö- 
nen, wichtigen Einzelheiten deutlich von einem Standpunkte aus über- 
schaut und erkannt werden kann.  So schön die perspectivisehe Sonder- 
behandlung der einzelnen Gruppen sein mag, so geht doch ein solches 
Gemälde in diesen Gruppen nicht malerisch zusammen und hat darum 
einen Oompositionsfehler. Einheit des Raumes ist ein Grundgesetz für 
die Malerei. Entweder das Gemälde muss danach eomponirt sein oder 
es muss auch durch Rahmen oder sonstige Trennung in selbständige 
Einzelgemälde aufgelöst werden. Andererseits ist nun aber eine An- 
wendung der Perspeetive, bei welcher nach dem Aussprüche des Paters 
im Dom zu Parma ein Froschragout herauskommt, durchaus nicht zu 
billigen. Der Maler soll immer künstlerisch Raum und Oomposition so_ 
behandeln, dass er ein Kunstwerk, nicht ein Kunststück zeigt. Wie 
wenig man ihm auch an sich die Freude an der Virtuosität verargen 
kann, so trägt er doch "den Schaden davon, wenn er dieselbe da über 
die Schönheit der Kunst triumphiren lässt, wo nur die Schönheit hin- 
gehört. Wenn er Schwierigkeiten überwindet, so dass man sie nicht 
gewahrt und Alles natürlich und nothwendig erscheint, so zeigt er den 
Künstler; wenn aber diese Schwierigkeiten sich verdrängen und unS 
gleichsam beunruhigen, so wird der harmonische Eindruck zerrissen.
	        
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