Relief.
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Gegenstand zu seinem Zwecke zu bewältigen hat, oder ihn nicht be-
arbeiten soll, wenn er nicht zu bewältigen ist, wie er durch Beschrän-
kung häufig mehr, als durch Füllewirken kann.
Der Assyrer bildete den Flussübergang des Herrschers. Perspec-
tive kennt er nicht; so stellte er die Figuren über einander, die neben
einander zu denken sind. Das Sehiif mit dem Streitwagen, mit Herr-
scher und Gefolge, mit den dasselbe ziehenden Männern und Ruderern,
mit den angebundenen schwimmenden Pferden, Alles ist über einander
dargestellt. Froh und kräftig stürzte sich der Künstler auf seinen
Gegenstand. In nicht so kindlicher Weise, aber doch ähnlich verfuhr
wieder die nachhellenische sinkende Kunst, die in der Geschicklichkeit,
in der Vielheit und Lebendigkeit des Dargestellten die Hauptschönheit
gewahrte, anfangs wohl noch im Ganzen den Stil einhaltend, dann aber
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Figf 34.
Relief vomffitusbogen.
alle Schranken durchbrechend, so dass nun das Relief in jeder Be-
ziehung mit der Malerei wetteifern soll. (Fig. 34.)
Bekanntlich hat die römische Reliefbildung diejenige des Mittel-
alters am meisten beeinflusst und die Reliefbildner vielfach zum male-
rischen Stil geführt. Eine staunenswerthe Geschicklichkeit, Genauigkeit
und Mühwaltung spricht sich neben sonstigen künstlerischen-Vorzügen
in vielen schönen Werken dieses Mischstils aus. Ich will nur an die
Thüren Ghibertfs erinnern, sowie an die Reliefs von Alexander Colin
am Grabdenkmal Kaiser Maximilians zu Innsbruck. Dort, wo ein Relief
der Nahbesißhtigung ausgesetzt ist, hat ein solches Verfahren, ein
Marmor- oder Erzbild in malerisehem Sinne darzustellen, noch die
meiste Berechtigung. Ghibertfs Reliefs stecken in den Rahmen der
Thüren; es sind Erzgemälde. Im Allgemeinen gilt aber auch hier, dass