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Bildncrci.
Die
nicht das Einzelne zu wiederholen. Eine Freistellung erlaubt grössere
Freiheit in Bezug auf den Aufbau; derselbe kann durch Gleichgewicht
der verschiedenen Figuren in schönster Weise wirken; wird eine
Gruppe durch strenge Architectonilg eingerahmt, wie wir dies bei den
griechischen Giebelgruppen sehen, so muss sich die freiere Sculptur
nach der strengen Arehitectur richten und hat deren Forderungen der
Symmetrie so weit Rechnung zu tragen, wie möglich ist, ohne dass sie
dem Zwange des Unorgauischen verfällt.
Die Schwierigkeit einer freistehenden Gruppenbildung ist leicht zu
erkennen. Jede Figur soll für sich schön sein und zwar schön, von
welcher Seite wir sie auch betrachten mögen; immer sollen die Linien
harmonisch, in schönem Rhythmus sich zeigen. Sobald zwei Figuren
nebeneinander stehen, decken oder durchschneiden sie sich, von man-
chen Standpunkten aus gesehen. Hier gilt es nun, jedes unharmonische
Durchschneiden der Linien zu vermeiden. Beide sind also ineinander
zu stimmen. Je mehr Figuren, desto schwieriger wird dies natürlicher
Weise. Dabei müssen nun die Figuren einer Gruppe durch die Idee
schön geeint werden; ihre Beziehung muss sogleich verstanden werden
und doch ist der Künstler durch die plastischen Forderungen gebunden,
wie z. B., dass jede Figur seelisch für sich abgeschlossen sein muss,
und auch körperlich nicht so mit einer anderen verbunden werden darf,
dass die Figuren schwer von einander zu lösen waren. Unplastisch mit
einander verschmolzen, malerisch, auf einen Standpunkt berechnet,
erscheinen z. B. die Grazien von Canova. Wie eine Knospe schliessen
sich die drei weiblichen Gestalten zusammen.
Ferner ist den Anforderungen zu entsprechen, die aus der Einheit
des Mannigfaltigen erwachsen; das Bedeutendste des Ganzen soll herr-
schen; darauf soll Alles hinführen. Dem Maler steht dazu die Farben-
wirkilng zu Gebote; der Bildhauer hat nur die Formen. Das Einfachste
und damit gewöhnlich das Beste ist hier das Benutzen der Pyramidal-
form. Die Spitze beherrscht und eint die Seiten. In diesen Linien
bildet dann der Künstler zu höchst das Höchste, durch alle Hauptliuien
darauf hinführend. Ein Blick auf die Gruppe des Laokoon (Fig. 28.)
wird lehrreicher sein, als lange Auseinandersetzungen. Die Giebel-
gruppe ist schon durch ihren arehitectonischen Rahmen zu solchem
pyramidalen Aufbau gezwungen. Die Statue der zu verehrendcn Gott-
heit oder des Heros, der sie gleichsam repräsentirt, nimmt die Mitte ein;
zu beiden Seiten symmetrisch die anderen Figuren, durch die Bildung
Knieender, Sitzender, Liegenderdem Dreieck sich anpassend. S0
werden wir in der energischsten Weise von beiden Seiten auf die
einende Hauptfigur hingeführt. Die einzelnen Gruppenbildungen können
hie? Wie schon gesagt, nicht näher untersucht werden; ihre Ver-
schiedenheit wird leicht erkannt, wenn_ ich beispielsweise die Diana