Einzelbild.
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Grosscn Reiterbild erhebt sich arlf einem ungeheuren Felsblocke. Auf
dem parademässig-flachen Platze, worauf es steht, übernimmt auch der
unbehauene Stein schon den Dienst der Trennung und Abhebung. So-
dann bildet freilich auch das Pferd noch eine Vermittelung, ohne welche
doch der Mann und der rohe Stein eine Disharmonie ergeben würden.
Auch die Symbolik kommt hinzu, die gerade in dem rohen, gewaltigen
Naturgebilde des Granitblockes das Russland sehen möchte, auf dem
Peter sich erhob. Im Allgemeinen aber, kann man sagen, wird ein
architectonisches Postament verlangt. Dies muss um so kräftiger, aus-
drucksvoller, also z. B. höher sein, je roher d. h. unbearbeiteter durch
Menschenhand der Boden ist. Wo architectonische Bildung durch Qua-
dern, Steinplatten, durch Bauten den ganzen Standort beherrscht, da
ist um so weniger sein Dienst nöthig. Im Zimmer, in Hallen hat ein
hohes Postament wenig Sinn; auf einem mit Platten bedeckten, steiner-
nen Markte, von Architeetur umgeben, braucht es nicht so hoch zu
sein, wie auf einem Pflastersteinplatz oder auf einem beliebigen Sand-
oder mit Gras bewachsenen Platze. Michelangelo konnte die Reiter-
statue des Marc Aurel auf dem Oapitol niedrig stellen; Rauch musste
seinen Friedrich vor den Linden hoch heben. Am Standbilde des
grossen Kurfürsten lassen die so tief sitzenden Gefangenen das Posta-
ment doch zu niedrig erscheinen. Im Allgemeinen freilich braucht ein
Reiterstandbild wegen der Vermittelung des Pferdes kein sehr hohes
Postament. Es kommt dabei auch die möglichste Vermeidung der
störenden Unteransicht gegen des Pferdes Bauch u. s. w. in Betracht,
was hinsichtlich des besten Standpunktes nicht zu vergessen ist. Der
sogenannte Achilles in London steckt ganz in seinem Rasengrunde.
Natürlich sind ausserdem die Proportionen des Bildwerkes und des
Postamentes unter sich zu berücksichtigen, auf welche wir hier jedoch
nicht eingehen können. Es versteht sich überdies, dass kein Bildwerk
unter unseren Blick fallen darf; bei allen Aufstellungen von Statuen,
Büsten u. s. w. ist darauf zu achten, dass wir bei freier Haltung die-
selben erschauen können. Büsten verlangen darum einen Stand in
Körperhöhe. Sind sie auf Säulen gestellt, so dürfen dieselben weder
durch Plumpheit und Dicke, noch durch Dünnheit in missfalliger Weise
an ähnliche menschliche Körperformen erinnern.
Bei einem hohen Standbilde hat der Künstler darauf Rücksicht
zu nehmen, dass für nähere Betrachtung sich die oberen Theile durch
den Blick von unten nach oben verkürzen und also keine schönen
Verhältnisse zeigen. Bei einem weiten Zurücktreten von dem Bild-
werke wird diese perspectivische Störung vermieden; ist die verlangte
Entfernung aber eine so grosse, dass die Schönheit des Ganzen, Wozu
auch die Erkennbarkeit der unverkümmerten Schönheit der- einzelnen
Theile gehört, darunter leidet, so wird sich der Künstler in anderer
Weise helfen müssen. Um nicht bei einer menschlichen Figur die