Kleinliche, Auscinanderfallende, Abgebrochene, Verzwickte soll sie so
viel wie möglich vermeiden. Man vergleiche ein Gesicht, auf dem ein
mildes ruhiges Lächeln schwebt, mit einem durch starkes Lachen zu-
sammengezogenen. Jenes, das schönere, ist dem Bildner in dem Zu-
sammenhang der Züge durchaus gerecht; dieses, das hässlichere, bietet
eine Menge Schwierigkeiten durch alle die entstehenden Falten, Falt-
chen und Zwickel. Die sorgsamste Ausführung bringt hier doch nur
ein weniger schönes Werk hervor. Ein weiser Künstler wird nicht
seine Kraft an die Besiegung von Schwierigkeiten verschwenden, in
denen er doch bei der grössten Mühe Nebenbuhlern nachstellen muss,
sondern wird seine Kraft auf das richten, worin er und seine Kunst
unübertreiflich sind. Scharfe Gränzen lassen sich dabei nicht angeben;
die ausgebildete Technik wird auch hier dieselben stets hinausschieben.
Eine gewisse allgemeine Idealbildung z. B., die der Steinstil verlangt,
wird sie auflösen und das Höchste erreicht wähnen, wenn sie die
grösste Individualisirung zu Stande gebracht hat, an das blos Schwierige
eine Mühe setzend, die mehr die Geschicklichkeit zeigen als das Schöne
schaffen soll. Das gewöhnliche Merkzeichen ist auch in dieser Be-
ziehung jedes Auffallen einer Einzelheit bei einem Kunstwerk. Stellt
sich zuerst die Bewunderung der Technik ein, so können wir ziemlich
sicher annehmen, dass wir es mehr mit Manier, als mit einem richtigen
Stil zu thun haben.
Die Bildnerei wirkt durch die Form. Die Farbe ist bei ihr ein
Nebensächliches. Die Veränderung ist an und für sich schon beim
plastischen Werke ausgeschlossen, da wir es bei ihm nicht mit Auto-
maten zu thun haben. Das Seelische muss die Bildnerei durch die
Formen wiedergeben; ihr Stein- und Erzantlitz kann nicht „sprechen
sie kann keinen Ausdruck schaffen, wie ihn dasAuge in seinem Glanz
und Schmelz giebt und die Malerei nachzubilden versteht. Hier muss
die Bildnerei sich helfen, indem sie den ganzen Körper sprechen lässt.
Dadurch wird sie darauf hingewiesen, sich in sich abzuschliessen, pla-
stisch, d. h. geschlossen zu sein. Geschlossenheit der Persönlichkeit
oder des Dargestellten überhaupt wird von der Plastik verlangt. Nur
der bildende Künstler, der seinen Gestalten einen Ausdruck zu geben
versteht, der sie in sich völlig gesammelt erscheinen lässt, zeigt plasti-
schen Stil. Damit ist keine Ruhe gefordert. Die höchste Leidenschaft
kann gezeigt werden, die höchste Aufmerksamkeit, der grösste Schmerz,
nur müssen diese Empfindungen seelisch in der Gestalt beschlossen
sein. Es können auch in einer Gruppe mehrere Personen gegen ein-
ander wirken oder auf einander bezogen werden, ohne dass der Cha-
racter des Plastischen aufgehoben ist. Nur sobald das Seelische einer
Gestalt „ausser sich" hingestellt wird, indem es ganz abhängig von
einer anderen gedacht werden muss, erscheint sie nicht mehr plastisch,
Sondern malerisch.