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Bilmlnerei
Die
Dargestellten entspricht, z. B. weissen, gelblichen Marmor für die Nach-
bildung des weissen Menschen, namentlich des nackten Menschen.
Ilauptsache freilich bleibt ihm die Fo1'm; wir wissen, dass mildes Weiss
und Gelb am geeignetsten ist, jede Feinheit derselben erkennen zu
lassen. Gesetzt, wir haben die Marmorstatue eines Kriegers vor uns,
der Helm, Leibgurt und Beinschienen trägt und ein Schwert in der
Hand halt." Wäre der Marmor gar zu durchsichtig, so würden die
nackten Theile des Kriegers sehr weiehlieh erscheinen und wir würden
bei ihnen eher an das zarte Fleisch eines Kindes oder einer Frau als
an die festen Gliedmaassen eines abgchärtcten Mannes erinnert werden.
Wenn wir nun gar an die Griechen denken und an deren durch die
Sonnengluth gebräunte Hautfarbe, wenn wir uns erinnern, dass Weisse
der Haut ihnen eine Schande dünkte für einen Mann, da es seine
Weichlichkeit verrathe, so sehen wir, dass aus doppelten Gründen eine
Behandlung des Marmors passend erscheint, welche die Durchsichtig-
keit, wo sie störend Wirkt, aufhebt und durch den Farbenton besser
zu dem Dargestellten stimmt. Heisst das nun gegen das Wesen der
Plastik verstossen, wenn man zu diesem Zwecke geschmolzenes Wachs
anwendet? Tritt man der Unschuld des Marmors oder der Form im
Geringsten zu nahe, wenn man solche Störungen beseitigt? Wir wollen
bei der Nahbetrachtung einer solchen Statue nicht stehen bleiben,
sondern dieselbe nun in eine Entfernung bringen, wo das Erkennen der
Einzelheiten schwierig wird. DieselbeHvird in den Giebel eines Tem-
pels gesetzt. Die Farbe ist Nebensache, die Form Hauptsache. Das
geben doch Alle zu. Aber wenn die Form Hauptsache ist, so muss
die Farbe auch wirklich Nebensache sein und Alles, was verhindert,
dass die Form nicht erkannt werden kann, muss beseitigt werden. Nun
denke man die weisse Marmorstatue da oben vor einer weissen Marmor-
wand stehend, wie es die Farbenfeinde haben wollen, kann denn das
schärfste Auge wir wollen den Griechen sehr scharfe Augen zu-
gestehen, auch die grösste Durchsichtigkeit der Luft annehmen
ohne Fernrohr oder Operngucker wirklich die Formen genau unter-
scheiden? Wollen wir also nicht lieber die Farbe des Weiss, so un-
schuldig es sein mag, opfern und den Hintergrund etwa blau an-
streichen, damit wir die Hauptsache, die Form desto besser erkennen?
Aber wenn dieses auch geschehen, so werden Helm und Beinschiencn
doch recht schwer vom Körper zu unterscheiden sein, wenn sie ziem-
lich eng anschliessen. Leicht wird die Schiene den Eindruck machen,
als sähe man eine un estaltete Wade. Aehnlich unter Umständen der
Helm, ähnlich der Schgurz. Soll man nun nicht der Form gerecht wer-
den und die Farbe des Marmors opfern, indem man mit Farbe dem
Augefür die Form zu Hülfe kommt? Verlangt dies nicht das Wesen
der Blldnerei? Ist es also nicht vernünftig, Helm, Schurz, Schienen
zu färben, was am schönsten durch Vergolden geschieht? Gerade so