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Bildncrci.
Die
Thon, Gyps, Wachs, Knochen, Holz, Metalle, Stein, das sind die
am öftersten benutzten Stoffe für den Bildner. Der Thon ist im feuchten
Zustande von der grössten Bildsamkeit; seine Feuchtigkeit hat dabei
etwas Lebendiges. Er ist daher vortrefflich zum Modell. Er eignet
sich zum Entwerfen, Verändern und macht dabei durch seine Lebendig-
keit Eindruck. Aber er ist dunkel, lichtsehluckend; er kann schwierige
Feinheiten weder gut zeigen noch recht bewahren. Getrocknet wird er
spröde, rissig; die Formen schrumpfen zusammen und zwar ungleich-
mässig zusammen; die grösseren Massen trocknen langsamer als die
kleineren: so bleibt niemals die alte Form; die schöne Gestalt lässt
sich nicht genau, sondern nur annähernd berechnen. Gebrannt hat er
eine unendliche Dauerhaftigkeit, aber, von der Farbe ganz abgesehen,
die man durch Nachhülfe aufbessern kann, eine solche Dauerhaftigkeit
des Materials nützt doch dem Künstler Wenig, sobald die Schönheit
darin nicht ausdrückbar ist. Der Thon wird nach dem Gesagten zu
einer realistischen Behandlungsweise drängen, wo er für sich angewandt
wird, und auch da, wo man ihn zu Formen z. B. für den Erzguss ge-
braucht. Das Zufällige, Nebensachliche ist so leicht in ihm auszuprägcn;
ein Druck des Fingers oder des Stabehens genügt, um Erhöhungen oder
Vertiefungen hervor-zubringen, dass der Künstler sich diese Leichtigkeit
schwerlich entgehen lasst. Dann passt er für harte, grosse Formen, die
man trotz der ungünstigen Farbe wohl erkennt; für Feinheiten ist er,
gebrannt, aus den angegebenen Gründen nichtrecht zu gebrauchen. Er
sieht dann auch trocken, tmlebendig aus. Farbe muss dann nachhelfen.
Der Gyps hat eine lichtfrohe Farbe, auf der alle Nüancirungen zu ge-
wahren sind. Aber sein Weiss hat etwas Lebloses. Der Gyps bildet
eine starre Schale; man sieht das Leben nicht von unten herauf pul-
siren, wie man dies beim feuchten Thon, dann am-schönsten im Marmor
zu gewahren glaubt. Der Trocknungsprocess schadet auch ihm, weil
die ganz scharfe Bestimmtheit der Form dabei sehr schwer festzuhalten
ist. Er dient bekanntlich zur Aushülfe für den Marmor; die Klarheit
seiner weissen Farbe macht ihn dazu geeignet. Man sieht bei uns
leider zu viele Gypsbildwerke und zu selten Marmorbildnereien. Es
braucht der Nutzen der Abgüsse nicht hervorgehoben zu werden; nicht
der kleinste Schaden aber, welcher der Plastik, von Anderem abge-
sehen, daraus erwächst, ist der, dass man sich gewöhnt die Leblosig-
keit der Gypswerke überhaupt auf die Plastik zu übertragen, und dass
das Interesse für dieselbe dadurch in empfindlicher, nachhaltiger Weise
abgestumpft wird. Man würde gleich frischer die Schönheit eines
Marmorbildes empfinden können, wenn man zuvor keine oder wenige
Gypsarbeiten gesehen hatte, als dies möglich ist, wenn das Auge durch
"diese schon verdorben ist.
Wachs ist ein leicht verändcrlieher Stoff; seineGlätte und Helle
machen ihn für viele Bildungen sehr brauchbar. Er eignet sich sehr