Mzxterial
für
Bildnerei.
die
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Unvermögen sich dann in das WillkürlichFratzenhafte verläuft. Andere
bleiben im Stoffe stecken; noch Andere überwinden wohl den Stoff, aber
die Schönheit ist ihnen verschlossen; der kühnsten, aber unsinnigsten
Phantastik muss ihre Bildnerei dienen. Aber in den von der Kunst
erkorenen Völkern findet der Sohn des „tüchtigen Handarbeiters"
(Eupalamos), "Künstler" genannt (Dädalos), dies Geheimniss der
Kunst lebendig zu machen; in dem Volke der Hellenen am herrlichsten.
Dort wird die Schönheit des Menschen in einer göttlichen Tiefe der
Empfindungund mit einer Klarheit der Anschauung erfasst, dass unsere
Augen wie getrübt dagegen erscheinen, unsere Empfindimg stumpf.
Wenn je der Mensch einemldeale in seinen Schöpfungen nahe ge-
kommen ist, so war es, Hellas, auf Deinem Boden, so haben es Deine
bildenden Künstler gethan! Ihre Götter, ihre Menschen! Welche
Götter! welche göttlichen Menschen! Wenn Schönheit das Göttliche
ehrt, das darin erkannt wird, so ist es in Hellas verehrt worden.
Aber ehe wir uns zu der Kunst selbst und ihren Zielen wenden,
wollen wir das Material ins Auge fassen, in welchem sie schafft.
Manches Verständniss wird aus solcher Betrachtung aufgehen. Wir
werden die Gränzen ziemlich genau daraus erkennen, in denen sie sich
bewegen kann.
Ohne uns auf eine lange Erörterung einzulassen, wiederholen wir,
dass der Künstler Dauerndes schaffen will. Wer nach dem Wahrhaft-
Schönen strebt, der weiss, wie mühevoll solche Arbeit ist und welche
Trauer es schafft, wenn das die Schönheit olfenbarende Werk nun
schnell vergeht. Ein Spielwerk, nur dem Augenblicke geweiht, wird
Alles erscheinen, was leicht vergänglich, noch schneller schwindet als
die lebendige Gestalt. Es lebt ein Erhaltungstrieb im Künstler. Sein
schönes Werk, das Kind seines Geistes, soll lange Zeit dauern, soll
gleichsam nicht sterben. So wenig der Mensch sein Geschlecht aus-'
sterben sehen mag, so ungern denkt der Künstler daran, dass seine
Werke vernichtet- würden. Aber auch die Verkümmerung der Formen,
die er schön geschaffen, ist schmerzlich. Was nützt das bequeme
Material, das noch so leicht sich seiner Bildung fügt, wenn es die
Schönheit nicht festhalten kann, indem es zusammenfällt, auseinander-
quillt, reisst, kurz dieselbe zerstört. Aus einem solchen vergänglichen
Werke kann nur kurzer Ruhm, dann aber nur Bedauern, ja Spott
erwachsen. Und so versucht, prüft, entwirft, tändelt er wohl darin,
aber in einem dauernden Material zu gestalten ist sein Wunsch. Auch
aus Schnee kann man einen schönen Schneemann bilden, auch ein
zuckernes Kunstwerk kann geschaffen werden; im nassen Thon
"und in Wachs lassen sich die schönsten Formen ausdrücken, aber
eine Arbeit in solchem Material kann für den Plastiker, der in Seinen
Werken leben will, nichts anderes bedeuten, als ein Spiel oder eine
Vorarbeit.